Bernhard
Peter
Ikaruga
(Präf. Nara): Hokki-ji
Lage
und Erreichbarkeit
Der Tempel Hokki-ji (eigentlich
Hoki-ji, Houki-ji; "kk" gibt es eigentlich nicht)
befindet sich in der Kleinstadt Ikaruga (Präfektur Nara), im
Ortsteil Okamoto (Adresse: 1873 Okamoto, Ikaruga-cho, Ikoma-gun,
Nara-ken). Die oft zu findende vereinfachende Ortsangabe
"Nara" täuscht - bis zum Stadtzentrum der Nachbarstadt
Nara sind es immerhin 12 km. Cave - dieser Tempel darf nicht
verwechselt werden mit dem Nonnen-Konvent Hokke-ji in Nara, der
liegt neben dem Heijo-Palast.
Südlich der am Ortsteil Okamoto vorbeiführenden Hauptverkehrsstraße liegt das annähernd quadratische Tempel-Areal des Hokki-ji in den Feldern. Wer nur zu diesem Tempel möchte, hat als nächstgelegenen Bahnhof die Station Yamato Koizumi der Kansai Main Line (ggf. in JR Nara umsteigen, wenn man aus Richtung Kyoto kommt). Von dort sind es durch den Ort am Koizumi-jinja vorbei und dann über Feldwege 2 km nach Westen zu Fuß - einen Bus gibt es nicht. Einfacher wäre es, vom Bahnhof JR Nara oder Oji aus einen Bus der Linien 60 oder 63 bis zur Haltestelle Hokkiji-guchi zu nehmen, der verbleibende Fußweg ist in einer Viertelstunde zu bewältigen. Oder man fährt mit Kintetsu bis zum Bahnhof Koriyama, nimmt dort den Bus 50 oder 97 bis zur Hokkiji-mae. Ebenso kann man ab JR Horyuji den Bus zum Bahnhof Kintetsu Koriyama nehmen und an der Hokiji-mae aussteigen, dann nach Westen laufen. Oder man nimmt von JR Nara oder Kintetsu Nara aus den Bus Nr. 97 bis zur Haltestelle Hokkiji-mae. Am Horyu-ji kann man wieder die Buslinie 97 zurück nach Nara besteigen.
Viel wahrscheinlicher ist es aber, daß man diesen Tempel im Verbund mit dem Horyu-ji und dem Horin-ji als Abschluß einer Tempelrunde besichtigt: Vom Horin-ji aus sind es 800 m nach Osten entlang der Fahrstraße, also nur eine Viertelstunde zu Fuß. Für diese Tour wird man den sinnvolleren JR-Bahnhof Horyuji wählen, der ist 2,8 km Fußweg entfernt, und dann nacheinander die Tempel aufsuchen bis zur letzten Station, dem Hokki-ji.
Der Hokki-ji ist ein kleiner Tempel, aber mit wertvoller Bausubstanz. Natürlich ist er eine Nummer kleiner als der Horyu-ji, das touristische Hauptziel in der Stadt Ikaruga. Gegen diesen Giganten der Kunstgeschichte fällt alles andere ab. Und dennoch ist der Hokki-ji eine lohnenswerte Tour zu Fuß: Beim Gang durch die Reisfelder nach Norden fällt der Besichtigungsstreß von einem ab, zunehmend fühlt man sich als Entdecker abseits der ausgetretenen Pfade, und sowohl im Horin-ji als auch im Hokki-ji wird man garantiert keine Pauschaltouristen antreffen; kein Touristenbus wird je hier halten, man ist allein unter Einheimischen und kann eine wunderschöne Atmosphäre im ländlichen Siedlungsrand am Fuß der Hügel genießen. Und wenn man von weitem die Pagode zwischen Reisfeldern und Cosmea auftauchen sieht, kann man sich angesichts dieser Harmonie von Landschaft und Architektur ein bißchen ins alte Japan träumen. Diese kleineren, nur einem selbst gehörenden und mit etwas Mühe zu Fuß errungenen Erlebnisse werden im Nachhinein wertvoller als das "Pflichtprogramm".
Geschichte
und Bedeutung:
Der Hokki-ji wird zu den sieben großen buddhistischen Tempeln
gerechnet, die Prinz Shotoku (574-622) gründete. Zu dieser
Gruppe gehören auch der Horyu-ji und der Chugu-ji in der selben
Stadt und der Shitenno-ji in Osaka. Damit gehört der Hokki-ji zu
den ältesten Tempeln, auch wenn er erst einige Jahrzehnte nach
dem Tod des Prinzen unter seinem Sohn fertiggestellt worden ist.
Er soll sich aus einem Palast Okamoto no Miya des Prinzen
entwickelt haben, gemäß seinem Testament vom 22.2.1622, wie aus
einer Inschrift in der Pagode hervorgeht, die im Jahre 706
entstand. Sein Sohn, Prinz Yamashiro, soll die Umwandlung
vorgenommen haben. Ausgrabungen auf dem Gelände haben
bestätigt, daß sich unter den Tempelgebäuden einst ein Palast
befand. Dabei bekam auch die ursprüngliche Anlage des Tempels
ein Gesicht, mit dem Haupttor im Süden, Pagode zur Rechten,
Haupthalle zur Linken, Lehrhalle in der Mitte zurückgesetzt, und
alles umgeben von gedeckten Korridoren - das gleiche Konzept wie
beim Horyu-ji Sai-in, nur umgekehrt mit der Pagode im Osten.
Deshalb nennt man diese Anordnung auch Hokki-ji-Stil.
Der Hokki-ji hatte seine Blütezeit in der Nara-Zeit. In der Heian-Zeit sank seine Bedeutung, und der Tempel kam unter die Kontrolle des Horyu-ji. Während der Kamakura-Zeit wurden Kodo (Lehrhalle) und Pagode noch einmal repariert. Danach verfiel der Tempel während der Muromachi-Zeit. Zu Beginn der Edo-Zeit war nur noch die Pagode übriggeblieben. Der Mönch Shinsei Ennin belebte gegen Ende des 17. Jh. den Tempel wieder zusammen mit seinen Schülern. Er ließ 1678 die Pagode restaurieren. 1694 entstand ein neuer Kodo (Lehrhalle). Erst 1863 wurde die Halle Shotendo erbaut.
Nach 1868 folgte der Tempel für wenige Jahre der Shingon-Schule. 1882 wechselte er zusammen mit dem Horyu-ji und dem Kofuku-ji in Nara zur Hosso-Schule. 1950 kam er, wieder unter Verwaltung des Horyu-ji, zur Shotoku-Schule. Der Hokki-ji ist auch unter den alternativen Namen Okamoto-dera (Okamoto-Konvent) oder Ikejiri-dera bekannt. Der Tempel besitzt auch einen Sango (Berg-Name), dieser lautet Kohon-zan.
Rundgang
und Beschreibung
Das fast quadratische Tempelgelände wird im Westen und teilweise
im Süden von einer Mauer mit je einem Tor umschlossen. Das einst
wichtigste Tor, das Nan-dai-mon (Süd + groß + Tor) vom Typ
eines "vierbeinigen Tores", lag im Süden; der heutige
Besucherzutritt erfolgt aber von Westen her; das Tor in der
südlichen Abschlußmauer ist geschlossen. Nach Osten wird das
Gelände durch eine Baumreihe abgeschlossen. Der Hauptweg führt
von Westen her am Ticketgebäude und den Wohngebäuden vorbei zum
einstöckigen Shotendo; dessen Eingang liegt auf der Ostseite
unter dem rechteckig vorgezogenen Dach. Diese Halle, die die
Funktion einer Haupthalle hat, wurde 1863 erbaut und 1978
restauriert.
Das wertvollste Gebäude ist die noch weiter im Osten liegende dreistöckige Pagode (Sanjuno-to, Sanjuuno-tou). Sie ist 685-706 erbaut worden und stammt noch aus der Asuka-Zeit. Sie ist die älteste ihrer Art in Japan. In der Kamakura-Zeit wurde sie noch einmal repariert, und 1678 wurde sie restauriert. Die letzte umfassende Restaurierung begann 1972 und dauerte drei Jahre; dabei wurde sie komplett auseinandergenommen und nach Restaurierung jedes einzelnen Holzstücks wieder zusammengesetzt. Das unterste Geschoß ist 6,42 m breit, das zweite 4,79 m und das dritte 3,24 m, was in traditionellen Längenmaßen 18, 13,5 und 9 Komajaku entspricht. Die Höhen der Geschosse sind annähernd gleich ihrer Breite. Diese Pagode ist das einzige Gebäude des alten Tempels, das es in die Edo-Zeit geschafft hat, alles andere war verfallen. Die beiden unteren Geschosse des 24 m hohen Gebäudes haben eine Grundkonstruktion von 3 x 3 Interkolumnien, also vier Stützen auf jeder Seite, wobei die inneren einen größeren Abstand haben als die Nachbarstützen. Das oberste Geschoß hat nur zwei Interkolumnien auf jeder Seite. Die Dächer sind mit Ziegeln gedeckt (Hongawarabuki -Dach). Diese Pagode, die mit der des Horin-ji und der des Horyu-ji eine Gruppe bildet und wie eine verkleinerte Version der letzteren aussieht, ist als Nationalschatz eingestuft und gehört zur Weltkulturerbestätte der buddhistischen Monumente des Horyu-ji-Gebietes. Gemeinsam werden die drei Pagoden Ikaruga San-to genannt, die drei (san) Pagoden (to) von Ikaruga.
Zwischen Shotendo und Pagode, etwas mehr im Süden, liegen die Ruinen des einst hier stehenden Glockenturmes (Shoro ato). In nördlicher Richtung kommt man zwischen Shotendo und Pagode hindurch zum 1694 erbauten Kodo (Koudou), der Lehrhalle, deren zwei Dachebenen durch ein kleines Zwischengeschoß entstehen. Eine Steinlaterne (Ishidoro) ist direkt vor dem Eingang auf der Südseite positioniert.
Weiter im Westen liegt das schmale, 1982 erbaute Schatzhaus, in dem eine 3,50 m hohe, vergoldete Juichimen Kannon aufbewahrt wird (durch ein Fenster zu sehen, Photo-Verbot). Sie stammt aus der Heian-Zeit (zweite Hälfte des 10. Jh.) und ist als wichtiges Kulturgut eingestuft. Die volle Bezeichnung lautet: Mokuzo-Juichimen-Kannon-Bosatsu-Ryuzo - hölzerne Statue der stehenden Figur des elfgesichtigen Bodhisattva Avalokiteshvara. Die rechte Hand ist offen mit der Handfläche zum Betrachter gesenkt; die angewinkelte Linke hält eine elegante bauchige Vase mit engem Hals und Lotusblüten darin. Weiterhin gehört dem Hokki-ji eine Dozo-Bosatsu-Ryuzo, eine bronzene Statue einer stehenden Gottheit aus der zweiten Hälfte des 7. Jh., ebenfalls ein wichtiges Kulturgut. Diese zweite Figur wird im Nationalmuseum Nara aufbewahrt.
Seerosen im Teich
Shotendo, Südseite
Wohntrakte
Kodo, Südseite
Shotendo links, Kodo rechts, von Süden, ganz rechts Fundament des Shoro
dreistöckige Pagode (Sanjuno-to)
Kodo, von Süden
Shotendo, von Südosten
Pagode (Sanjuno-to), konstruktive Details, erstes Dach, Südwestecke
Pagode (Sanjuno-to), konstruktive Details, erstes Dach, Westseite
Pagode (Sanjuno-to), konstruktive Details, erstes Dach, Nordwestecke
Pagode (Sanjuno-to), konstruktive Details, erstes Dach, Westseite
Kodo, von Westen
dreistöckige Pagode (Sanjuno-to)
dreistöckige Pagode (Sanjuno-to)
Pagode (Sanjuno-to), unterstes Geschoß
Pagode (Sanjuno-to), mittleres Geschoß
Pagode (Sanjuno-to), oberstes Geschoß
Shotendo, von Nordwesten
Shotendo, von Südwesten
Pagode (Sanjuno-to) von Westen
Gärten vor dem Genkan
Gärten vor den Wohntrakten
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@34.6226056,135.7463877,18z?hl=de - https://www.google.de/maps/@34.622788,135.7460676,110m/data=!3m1!1e3?hl=de
auf der Webseite des Horyu-ji: http://www.horyuji.or.jp/en/hokiji/
auf Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Hokki-ji - https://fr.wikipedia.org/wiki/Hokki-ji
Nationalschätze (Tempel): https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_National_Treasures_of_Japan_(temples)
Auf Zekkei Japan: https://zekkeijapan.com/spot/index/433/
Auf den JNTO-Seiten: https://www.japan.travel/en/spot/1003/
Seite der Präfektur Nara: http://www.pref.nara.jp/nara_e/area03/index.html
Asian Historical Architecture: https://www.orientalarchitecture.com/sid/926/japan/nara/hokkiji-temple
Hokki-ji-Video auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=3wUZ6q0BYFw
Bernhard Scheid: Kannon, in: Religion-in-Japan: Ein Web-Handbuch.
Universität Wien, seit 2001, URL: https://www.univie.ac.at/rel_jap/an/Ikonographie/Kannon
Japanese Architecture and Art Net Users System (JAANUS): Kannon http://www.aisf.or.jp/~jaanus/deta/k/kannon.htm
Mark Schumacher: Kannon, http://www.onmarkproductions.com/html/kannon.shtml
Mark Schumacher: Prinz Shotoku und die mit ihm in Verbindung
stehenden Tempel, http://www.onmarkproductions.com/html/shotoku-taishi.html
auf Maiko.com: https://mai-ko.com/hokki-ji/ (cave, falsches Photo)
Fu Xinian: Traditional Chinese Architecture, twelve essays, hrsg.
von Nancy Steinhardt, Princeton University Press, 2017, ISBN
978-0-691-15999-7, Kapitel 5: Architectural Features of the
Northern and Southern Dynasties and the Sui ans Tang Periods in
China as Reflected in Japanese Architecture of the Asuka and Nara
Periods, S. 148-150
John Dougill: Japan's World Heritage Sites - Unique Culture,
Unique Nature, 192 S., Verlag: Tuttle Shokai Inc., 2014, ISBN-10:
4805312858, ISBN-13: 978-4805312858, S. 114
Robert Treat Paine, Alexander Soper: The Art and Architecture of
Japan, The Yale University Press Pelican History of Art, 3.
Auflage 1981, ISBN 0-300-05333-9, S. 301, 316
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