Bernhard Peter
Tempel: Kyoto, Hokyo-in


Der Tempel Hokyo-in (Houkyou-in) befindet sich im Stadtbezirk Ukyo-ku, im nördlichen Zentrum des Stadtteils Sagano (Arashiyama), 800 m nordwestlich des JR-Bahnhofs Saga-Arashiyama gelegen. Er liegt auf ebenem Gelände hinter einem unscheinbaren Zugang verborgen auf der westlichen Straßenseite am Südwesteck des nahen und viel größeren Seiryo-ji. Die Adresse lautet: 9 Sagashakado Monzen Minamichuincho, Ukyo-ku, Kyoto, Kyoto-fu 616-8424. Am besten erreicht man den Tempel mit der JR Sanin Main Line in Richtung Kameoka, vom Bahnhof Saga-Arashiyama zu Fuß, alternativ vom etwas näheren Bahnhof Arashiyama der Keifuku-Eisenbahn oder mit dem City-Bus Nr. 28 ab Bahnhof Kyoto, Haltestelle Saga-shakado-mae. Das Gelände ist nicht groß, ca. 100 m in der Länge und 70 m in der Breite. Der Bebauungsschwerpunkt liegt im Nordosten, der Rest ist Garten.

Der Hokyo-in (Houkyou-in) wurde unter Kaiser Shirakawa (1053-1129) erbaut und trug zuerst den Namen Zennyu-ji. Nach einer Zeit des Niederganges wurde der Tempel in der Mitte des 14. Jh. von dem Zen-Meister Mokuan Shuyu (ein Schüler des Muso Soseki) in der Zeit des nördlichen und südlichen Hofes (1333-1392) wiederbelebt. Sein Chinzo (Zen-Priester-Portrait) wird im Nationalmuseum von Kyoto aufbewahrt. Seit dieser Zeit gehört der Tempel zur Rinzai-Zen-Schule. Ashikaga Yoshiakira (4.7.1330-28.12.1367), der zweite Shogun des Ashikaga-Shogunats in der Muromachi-Zeit (er regierte 1358-1367), wurde ein Anhänger von Mokuan und ließ den Zennyu-ji auf seine Kosten wiederherstellen.

Er war der Sohn von Ashikaga Takauji (1305-7.6.1358), dem Begründer des Ashikaga-Shogunates und Verbündeten des Kaisers Go-Daigo. Der Sohn war als Kind in Kamakura eine Geisel des Houjou-Clans. Nach dem politischen Umsturz und dem Ende des Kamakura-Systems war er zuerst noch in Kamakura in der Verwaltung eingesetzt, wurde dann aber nach Kyoto berufen, wo er seinem Vater 1358 als Shogun nachfolgte. Im Garten befindet sich im Südwesteck seine Grabstelle, pagodenartig mit drei übereinandergestellten Steindächern gebaut, die vom Betrachter aus gesehen linke von den beiden. An der Platte zwischen den Eingangspfosten befindet sich links das Ashikaga-Mon, zwei Balken in einem Ring, das sogenannte Ashikaga-Futatsubiki. Erst nach dem Tod von Ashikaga Yoshiakira wurde der Tempel in Hokyo-in (Houkyou-in) umbenannt, und zwar deshalb, weil eben dieses der postume Name von Ashikaga Yoshiakira war, denn ein Verstorbener bekommt einen Kaimyo (Kaimyou), einen Namen nach den buddhistischen Geboten, genau so wie ein Mann beim Eintritt in den Stand eines Mönches einen Mönchsnamen bekommt. Dieser Name steht üblicherweise auch auf dem Ihai, dem Ahnentäfelchen, das auf dem buddhistischen Hausaltar aufgestellt wird, und hier wurde der Name auf den Tempel übertragen.

Im Garten befindet sich daneben, innerhalb der gleichen Einfriedung, noch eine zweite Grabstelle, mit fünf übereinandergestellten Steinebenen einer Gorin-to (Gorin-tou), das ist die von Kusunoki Masatsura (1326-4.2.1348), Sohn des Kusunoki Masashige. Auch er war ein Anhänger von Mokuan. Das Mon der Familie Kusunoki ist an der Platte zwischen den Eingangspfosten vor den Gräbern rechts zu sehen, eine oberhalbe Chrysantheme über einer spiegelbildlich S-förmigen, wellenartigen Faltung. Kusunoki Masatsura war General des südlichen Hofes in den Kriegen des Namboku-chou, der Zeit der doppelten kaiserlichen Höfe am Anfang der Muromachi-Zeit. Während die Ashikaga-Shogune mit dem nördlichen Hof in Kyoto regierten, machte die Konkurrenz das südlich gelegene Yoshino zu ihrem Sitz, von dem aus Ansprüche auf die Herrschaft erhoben wurden. Zu Lebzeiten standen die beiden im Tempel zu findenden prominenten Verstorbenen in zwei verschiedenen Lagern, weil Ashikaga Yoshiakira für den nördlichen Hof eintrat, Kusunoki Masatsura aber als militärischer Anführer für den südlichen Hof kämpfte, gemeinsam mit seinem Bruder Masanori, ihrem Vater nachfolgend. Es war sogar so, daß der südliche Hof eine Zeitlang mangels Ressourcen wenig unternahm, außer seinen Sitz in Yoshino zu verteidigen, aber erst die drei Kusunoki dem Kampf um Macht und Einfluß neue Energie eingaben. Sein Vater und sein Onkel Kusunoki Masasue hatten nach der Niederlage am Minato-gawa gemeinsam Seppuku begangen. Kusunoki Masatsura erlangte 1347 in Kawachi einen Sieg über die Truppen des Nordhofes, aber schon im Folgejahr wurde er von Kou no Moronao, dem Anführer der Armee des Nordhofes, in der Schlacht von Shijounawate (Shijounawate no tatakai) vernichtend geschlagen und mußte verletzt Seppuku begehen, erst 22 Jahre jung. Erst 1392 konnte Yoshiakiras Sohn, der dann amtierende Shogun Ashikaga Yoshimitsu, zusammen mit dem Tenno Go-Komatsu des Nordhofes und dem Tenno Go-Kameyama des Südhofes eine Einigung erzielen und die Höfe wieder zusammenführen, indem die jüngere und die ältere Dynastie abwechselnd den Tenno stellten, was aber ein leeres Versprechen blieb, denn der nördliche Hof setzte sich faktisch durch. Erst später erfuhr der Shogun durch den Mönch Mokuan mehr über seinen früheren Gegenspieler und lernte ihn postum schätzen, deshalb ruhen sie nun nebeneinander. Soweit der Ausflug in die Geschichte, zu dem die beiden Gräber im Garten für zwei ehemalige Widersacher, nur einen Meter auseinander im Tode vereint und gemeinsam umzäunt, Anlaß gaben.

Nach dem Ende der Muromachi-Zeit ging es bergab mit dem Tempel. In der Edo-Zeit wurde er ein Zweigtempel des Tenryu-ji, dem Haupttempel der Rinzai-Schule. Die alten Gebäude waren längst baufällig bzw. kaputt. Erst nach dem Ende des Tokugawa-Shogunates löste sich der Hokyo-in wieder von diesem und wurde ein unabhängiger Rinzai-Tempel. Die gegenwärtigen Bauten sind relativ jungen Datums, denn in der Meiji-Zeit wurde der Tempel auf dem alten Gelände wieder aufgebaut, hauptsächlich der beiden Gräber wegen. 1916 war der Wiederaufbau vollendet. Im Hondo wird eine Statue der elfgesichtigen und tausendarmigen Senju-Kannon bosatsu verehrt.

Der eigentliche Höhepunkt dieses Tempels aber ist der Garten, der so geschickt angelegt ist, daß man kaum wahrnimmt, wie klein eigentlich das Gelände ist. Im Sommer ist es ruhig und beschaulich in den locker mit Ahornen bewaldeten und unten moosbewachsenen Arealen. Die meisten Touristen lassen den Tempel links liegen, ahnen überhaupt nicht, was sich hinter dem Eingang und der unscheinbaren Holztür rechts daneben für eine Oase der Ruhe befindet, wie fern man jenseits der Außenmauern der Großstadt sein kann, wie man einfach nur in der großen Tempelhalle losgelöst von Zeit und Streß den Anblick des Gartens genießen kann, den Blick durch die offenen Wände ins gerahmte Grün, auch wenn gerade kein Höhepunkt im saisonalen Zyklus ist. Doch im November wird der Garten ein Hotspot des Momiji, des Ahorn-Herbstlaub-Schauens und der kollektiven Begeisterung über die an diesem Tempel wirklich phantastische Herbstfärbung. Kamerabesitzer aufgepaßt: Es sind keine Stative zugelassen, es gibt auch keine Aufbewahrung, ebenfalls sind keine Mittelformatkameras oder große Kameras zugelassen, nur kleine Handkameras. Das alles ist bei den engen Wegen in dem kleinen Gelände eine durchaus sinnvolle und auch vom Kassenpersonal strikt eingehaltene Maßnahme zur Erhaltung des Gartens und zur Aufrechterhaltung des ungestörten Besucherflusses in Stoßzeiten.

südlicher Bereich des Gartens hinter dem Eingangstor

Hondo, von Südosten gesehen. Rechts die gedeckte Verbindung zu den anderen Gebäuden.

Hondo, von Süden aus gesehen.

Hondo, von Südwesten aus gesehen.

Hondo, von Nordwesten aus gesehen

Hondo, von Süden aus gesehen. Die Veranda ist der schönste Platz zum Genuß des Gartens.

Blick vom Hondo nach Südwesten in die Tiefe des Gartens.

Aufgang zur Veranda des Hondo

Blick von Nordwesten, Übergang zwischen Hondo und restlichen Bauten.

Im Innern des Hondo

Mokugyo links und zwei Klangschalen, jeweils auf Kissen

Blick vom Hondo nach Südosten.

Im Innern des Hondo

Die offenen Schiebewände rahmen den Garten wie ein Bild.

Hauptgebäude des Komplexes von Südwesten gesehen.

Teehaus im Garten

Teehaus im Garten

Veranda des Hondo, von Osten gesehen.

Lockere Ahorne, darunter Moos und Schattenpflanzen.


Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps: https://www.google.de/maps/@35.0224321,135.673621,20.25z - https://www.google.de/maps/@35.0224736,135.6735059,62m/data=!3m1!1e3
eigene Webseite:
http://www.houkyouin.jp/ - Geschichte: http://www.houkyouin.jp/contents/history.html - Bilder-Galerie: http://www.houkyouin.jp/photo_gallery/album.cgi - allgemeine Informationen: http://www.houkyouin.jp/contents/info.html - Herbstlaubkalender: http://www.houkyouin.jp/contents/peak.html -
Tale of Genji:
http://www.taleofgenji.org/hokyoin.html
auf Japantravel:
https://en.japantravel.com/kyoto/hokyo-in-temple/22744
auf Japanhoppers:
https://www.japanhoppers.com/en/kansai/kyoto/kanko/686/
Ashikaga Yoshiakira:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ashikaga_Yoshiakira - https://en.wikipedia.org/wiki/Ashikaga_Yoshiakira - https://wiki.samurai-archives.com/index.php?title=Ashikaga_Yoshiakira
Kusunoki Masatsura:
https://en.wikipedia.org/wiki/Kusunoki_Masatsura
Namboku-cho:
https://de.wikipedia.org/wiki/Namboku-ch%C5%8D - https://en.wikipedia.org/wiki/Battle_of_Shij%C5%8Dnawate
Broschüre des Tempels
auf JPManual:
http://jpmanual.com/en/hokyoin
auf Kyotofukoh:
https://kyotofukoh.jp/report529.html


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