Bernhard Peter
Wakayama (Präf. Wakayama), Burg Wakayama-jo, Teil (1): Beschreibung und Pläne


Lage und Erreichbarkeit, Touristisches
Wakayama ist mit dem Zug am besten über Osaka oder Tennoji zu erreichen. Zugang zum Shinkansen-Netz hat man in Kyoto oder in Shin-Osaka. Von Kyoto kommt man mit dem Haruka-Express gut nach Tennoji. Von Tennoji aus fährt ein Direktzug der Hanwa Line (Kishuji-Rapid) nach Wakayama. Hier muß man ein bißchen aufpassen, weil manche Züge nach Süden aus zwei Teilen bestehen, und der Zug teilt sich dann, ein Teil zum Flughafen KIX, der andere Teil nach Wakayama. Das sollte man unbedingt beim Einsteigen checken, weil man in diesen zweiteiligen Zügen innendrin nicht durch den Zug gehen und die Waggons wechseln kann. Von Osaka aus nimmt man die Loop Line bis nach Tennoji, dann wie zuvor. Es gibt auch eine sehr schöne Direktverbindung zwischen Kyoto bzw. Shin Osaka und Osaka einerseits und Wakayama andererseits, das ist der Kuroshio Limited Express. Cave, dieser Zug ist komplett reservierungspflichtig, aber das kann man kurz vorher noch am Automaten erledigen, denn reservierungspflichtig bedeutet nicht automatisch ausgelastet. Der Kuroshio ist also nacheinander Tokaido Main Line, Osaka Loop Line, Hanwa Line und danach noch Kisei Line, denn er fährt weiter nach Shingu. Er ist der ideale Zug, um die Kii-Halbinsel zu erkunden. Egal auf welchem Wege, von Kyoto nach Wakayama kann man das in 2 h schaffen.

Vom Bahnhof sind es bis zum ersten Tor der Burg 1,7 km (Adresse: 3 Ichibancho, Wakayama-shi, Wakayama-ken, 640-8146). Das kann man in 20-25 min. zu Fuß bewältigen, ist aber nicht wirklich schön in der gesichtslosen modernen Stadt. Vom Bahnhof Wakayama aus kann man alle Busse der Bussteige 2 und 3 nehmen; für 230 Yen ist man in wenigen Minuten entweder an der Haltestelle Wakayamajo-mae (an der Nordostecke) oder an der Haltestelle Shiyakusho-mae (an der Nordwestecke) oder auch Kencho-mae (im Südosten der Burg), von da ist man jeweils direkt an den äußeren Gräben und Toren der Burg. Das ganze Burggelände mit Toren und Wällen ist frei zugänglich, nur die Kernburg mit den wiederaufgebauten Gebäuden kostet Eintritt. Auch der Zoo ist eintrittsfrei, aber deswegen fährt man ja nicht hierhin. Das Historische Museum ist im Eintrittsticket der Kernburg enthalten.

Die Burg wird stark von Touristen frequentiert, hauptsächlich japanischen Inlandstouristen, Schulklassen und chinesischen Besuchergruppen. In der Kernburg ist es mitunter richtig voll, während sich die Besucher in den äußeren Wallbereichen kaum wahrnehmbar verteilen, zumal nur ein Bruchteil der Besucher etwas anderes anschaut als den Kernbereich. Der Eindruck ist, daß Burg Wakayama einerseits über- und andererseits unterbewertet wird. Sie enttäuscht und begeistert zugleich. Die Kernburg ist komplett wiederaufgebaut und wird überbewertet, weil es eben doch nur ein Stahlbetonbau mit historisierender Außenhaut ist. Etwas enttäuschend ist, daß die zentralen Hügel stark bewaldet sind und man kaum gute Photos von der Zentraleinheit schießen kann. Die Anlage an sich wird aber total unterbewertet, weil unglaublich viele Strukturen zu sehen sind, an Wällen, an gut nachvollziehbaren Toranlagen, an Gräben, weil sich beim Durchschreiten der Anlage das ganze System der separat zu verteidigenden Zellen aus dem Wald bzw. Park schält, und das zu erleben ist großartig. Es gibt original erhaltene Tore, es gibt jede Menge Steinmetzzeichen, und all das bleibt dem schnellen Besucher verborgen. Es lohnt sich, die ganze Anlage zu durchstreifen und jeden Wall innen und außen entlangzugehen, immer einmal mit dem Auge eines Verteidigers und einmal mit dem Auge eines Eindringlings. Und immer mehr wird man feststellen, wie genial und überraschend, wie logisch und verwirrend zugleich diese Anlage ist. Deshalb ist Burg Wakayama im Grunde eine großartige Anlage, die mit etwas mehr Zeit abseits der Kernburg entdeckt werden will.

Wer schöne Natur genießen will, ist hier ebenfalls richtig. Das Blumenjahr wird im späten Februar eingeläutet mit den Narzissen. Dann folgen ab dem späten März die Kirschbäume. Im Frühjahr ist der Burgpark einer der bekanntesten Orte für Hanami wegen mehrerer Hundert hier gepflanzter Kirschbäume und entsprechend überlaufen von blütenseligen Besuchern, die hier unter dem weißen Blütenschaum auf blauen Planen Picknick machen. Es lohnt auch ein Blick auf die uralten riesigen Kampferbäume, die als Naturdenkmäler der Präfektur unter Schutz stehen, ein erster steht wenige Meter hinter dem Nordostzugang rechterhand. Im April folgen die japanischen Ballonblumen mit Schwerpunkt im Bereich Tsuro-no-tani (Kranichtal). Im Ninomaru-Park folgen im späten April die Strauchpäonien. Im frühen Mai blühen die Azaleen und Rhododendren im ehemaligen, nun trockenen Minami-bori. Im frühen Juni folgen die Hortensien mit Schwerpunkt im Tsuru-no-tani. Den Sommer über kann man sich am zarten Grün der Ahorne erfreuen. Im späten November beginnt die Herbstlaubfärbung, wobei besonders die Ginkgo-Bäume rund um den Minami-bori ein leuchtendes Gelb zaubern. Im frühen Dezember ist es im Nishinomaru-teien am schönsten mit den bunten Ahornbäumen.


Geschichte: eine Toyotomi-Burg anstelle eines Widerstandsnestes der Kampfmönche
Während der Muromachi-Zeit war die Herrschaftssituation in der Provinz Kii unübersichtlich. Eigentlich herrschte hier die Familie Hatakeyama, ebenso in den Nachbar-Provinzen Izumi und Kawachi. Uneigentlich hatten aber die Kampfmönche (Ikkou-ikki) weite Teile des Gebietes unter Kontrolle, einer der Geißeln des Landes zu jener Zeit. Diese militanten und konfliktfreudigen Mönche hatten sich u. a. an der Stelle der heutigen Burg Osaka eine riesige amphibische Festung erbaut, und ein Zweig der Kampfmönche, die Saiga ikki, hatten sich in Wakayama festgesetzt, wo sie sich in der Burg Outa verschanzt hatten. Diese zu bekämpfen war ein wichtiger Schritt zur Befriedung des Landes und zur Einigung des Reiches in der Azuchi-Momoyama-Zeit. Die Saiga ikki hatten sich zudem mit den Kampfmönchen des Ishiyama Hongan-ji verbündet, der Hauptfestung in Osaka. Oda Nobunaga hatte schon 1577 einen Versuch unternommen, die renitenten Mönche in der Provinz Kii unter Kontrolle zu bringen, und er hat es nicht geschafft. 1580 gab der Ishiyama Hongan-ji nach elfjähriger Belagerung auf. Nobunagas Nachfolger im Prozeß der Reichseinigung, Toyotomi Hideyoshi, hatte sich die Kampfmönche ganz oben auf seine militärische Agenda geschrieben. 1584 erbaute er zwischen Osaka und Wakayama die Burg Kishiwada, um Osaka zu schützen und Angriffe aus Richtung Wakayama abzuwehren, und 1585 machte er den Tempel Negoro-ji dem Erdboden gleich. Und als nächstes kam die Burg Outa dran, und diesmal war die Expedition erfolgreich.

Burg Wakayama wurde im Jahre 1585 von Hashiba Hidenaga (8.4.1540-15.2.1591) erbaut, auf Befehl seines Halbbruders Hashiba Hideyoshi, später besagter Toyotomi Hideyoshi, der zwei Jahre zuvor die Burg Osaka begonnen hatte. Hidenaga war quasi die rechte Hand des berühmten Feldherrn. Als Feldherr war er bei der Eroberung von Kyushu dabei, ebenso 1582 bei der Schlacht von Yamazaki, 1583 bei der Schlacht von Shizugatake, 1585 bei der Eroberung von Shikoku und 1587 bei der Schlacht von Takajo, im gleichen Jahr an der Schlacht von Sendaigawa und bei der Belagerung von Kagoshima. Die Vorgeschichte des Burgenbaus war folgende: Toyotomi Hideyoshi hatte 1585 schließlich die Burg Ota (Outa) eingenommen und zerstört. Diese befand sich einen Steinwurf östlich des heutigen JR-Bahnhofs Wakayama, etwa dort, wo heute die beiden Tempel Raiko-ji und Gentsu-ji stehen. Die Belagerung der Burg Ota war Teil seiner Kämpfe gegen die Kampfmönche (Saiga Ikki), die er schon im Negoro-ji bekämpft hatte und die sich hier unter Führung von Outa Munemasa verschanzt hatten. Er konnte diese Burg nicht wie den vorgenannten Tempel niederbrennen, sondern entschloß sich zu einer gewagten Aktion: Er nutzte heftige Regenfälle und setzte die Burg mit einem dreiseitigen Damm so unter Wasser, daß die Belagerten die Wahl zwischen Aufgeben und Ertrinken hatten. Damit sich nie wieder solche Elemente hier festsetzen konnten, ließ der siegreiche Feldherr Burg Wakayama errichten, besser, stärker, größer.

Für den Standort der neuen Burg wurde der Berg Okayama ausgewählt, heute als Torafusu-yama bekannt. Den Bau der neuen Burg überwachte Todo Takatora (1556-1630), der als Burgenbauer bekannt ist und in der Folgezeit noch viele weitere Burgen anlegte, darunter Burg Zeze, Burg Fushimi, Burg Sasayama und Burg Kameyama. Damals nahm die neue Burg Wakayama im wesentlichen nur die Hügelkuppe ein, und es gab nur wenige äußere Walleinheiten, und die damals errichtete Burg war mehr ein Vorläufer der heutigen Anlage. Hashiba Hideyoshi bekam als Belohnung für seine Leistungen die Provinzen Kii, Yamato und Izumi, insgesamt bedeutete das einen jährlichen Ertrag von 1 Mio Koku. Die Burg Wakayama sollte dazu dienen, die Provinz Kii unter Kontrolle zu bringen. Nach Fertigstellung der Burg setzte Toyotomi Hideyoshi 1586 einen Vasallen als Verwalter bzw. Kastellan der Burg ein, Kuwayama Shigeharu, und machte die Burg Yamato Koriyama (heute in der Präfektur Nara) zu seinem Herrschaftssitz. Er hatte bei seinem Tod in Koriyama keinen Sohn, der ihn hätte beerben können, seine eine Tochter war mit Toyotomi Hideyasu verheiratet, seine andere Tochter mit Mori Hidemoto. Kuwayama Shigeharu übernahm Wakayama nun 1591 als Lehen und wurde selber Herr der Burg. In Wakayama saßen also zunächst Ende des 16. Jh. besagte Vasallen, die Kuwayama, sie wurden in der Edo-Zeit zu den Tozama-Daimyos gerechnet. Das Lehen war unbedeutend und wenig ertragreich, es brachte nur 30000 Koku.


Geschichte: Ausbau der Burg unter der Familie Asano
Im Jahr 1600 kam es zu tiefgreifenden Veränderungen: Aus dem sehr kleinen Lehen wurde durch Neuordnung ein sehr lukratives Lehen von 376000 Koku gemacht, von dem die Familie Kuwayama jedoch nichts mehr hatte, denn sie wurde nach Yamato Fuse versetzt und verschwand 1682 aus der Reihe der Daimyos. Wakayama war der Herrschaftssitz des Lehens Kishu (Kishuu-han), auch als Lehen Kii nach der Provinz Kii (Kii no kuni) bezeichnet. Diese Namensverschiedenheit zwischen Herrschaftssitz und Lehen bestand von der Gründung 1600 bis 1869, erst dann wurde das Lehen in Wakayama umbenannt, was aber nur von kurzer Dauer war, weil mit der Abschaffung des Feudalsystems 1871 auch das Lehen Wakayama sein Ende fand und erst in die Präfektur Kishuu und dann in die Präfektur Wakayama umgewandelt wurde.

Der erste Inhaber des neuen, viel größeren Lehens Kishuu war Asano Yoshinaga (1576-9.10.1613). Er war zunächst ein Parteigänger von Toyotomi Hideyoshi und war mit diesem auch verwandtschaftlich verbunden. Er nahm an der Belagerung von Odawara teil und bekam 3 Jahre später das Lehen Fuchu. In Sekigahara kämpfte er an der Seite von Tokugawa Ieyasu, und zur Belohnung bekam er bei der Neuverteilung der Herrschaftsgebiete das neue Lehen Kishu. Er selber war mit einer Frau aus der Familie Ikeda verheiratet, und seine eine Tochter verheiratete er mit Tokugawa Yoshinao, seine andere Tochter mit Matsudaira Tadamasa. Er vernetzte sich also gut mit dem Clan des neuen Machthabers. In den 13 Jahren seiner Herrschaft ließ er Burg Wakayama erheblich ausbauen und vergrößern. Auch den Tenshu ließ er völlig neu bauen, unter ihm entstand die typische Struktur mit den durch Galerien verbundenen Türmen. Auf dem östlichen Hügelgipfel ließ er eine zweite Struktur anlegen, die er als Ninomaru bezeichnete und mit einem Palast bebaute. Dieser zweite Bereich hatte eine ungefähr fünfeckige Form und maß ca. 57 m in Nord-Süd-Richtung und 53 m in West-Ost-Richtung. Und es wurden die äußeren Wallbereiche in der Ebene angelegt, insbesondere im Südwesten und im Norden. Unter ihm entstand neben dem Honmaru und dem Ninomaru auch der Yonnomaru. Er verlegte den Hauptzugang in die Burg von der Südostecke in die Nordostecke. Nach Yoshinaga kam sein Bruder Asano Nagaakira (18.3.1586-16.10.1632) in Besitz des Lehens Kishuu. Dieser war ebenfalls zunächst ein Vasall von Toyotomi Hideyoshi, wechselte dann aber auf die Seite von Tokugawa Ieyasu und focht bei Sekigahara auf dessen Seite. Zur Belohnung bekam er das Lehen Ashinori. Als sein Bruder ohne Sohneserben starb, übernahm er das Lehen Kishuu. Asano Nagaakira beteiligte sich als Kommandeur an der Belagerung von Osaka im Jahre 1615, wo die Familie Toyotomi vernichtet wurde. Währenddessen griff die Westarmee seine Burg in Wakayama an, was aber abgewehrt werden konnte. Asano Nagaakira war als Kommandeur bei der entscheidenden Schlacht am Tennoji dabei, die letztendlich die Belagerung von Osaka entschied. Zur Zeit der Asano erwirtschaftete das Lehen jährlich 376000 Koku Reis.


Geschichte: Durch eine große Rochade wird Wakayama ein Gosanke-Sitz
1619 kam es zu einer umfangreichen Umbesetzung von Lehen: Seit 1610 hatte Tokugawa Ieyasu seinen eigenen Besitz Sunpu kurzfristig zum Lehen gemacht und an seinen 10. Sohn vergeben, Tokugawa Yorinobu (28.4.1602-19.2.1671), den er mit seiner Nebenfrau Kageyama-dono bekommen hatte. Natürlich war das ein rein formeller Akt, denn der Knabe war erst 7 Jahre alt, als er das Lehen am 6.1.1610 im Wert von 500000 Koku bekam. Nun war er 17 Jahre alt und bekam am 27.8.1619 das Lehen Kishuu (Wakayama) im Wert von 555000 Koku, wofür wiederum Asano Nagaakira nach 6 Jahren auf dem Lehen Kishuu nach Hiroshima verschoben worden war, und Sunpu war ab 1619 wieder Tenryou, also Eigengut des Shogunats. In Hiroshima war zuvor Fukushima Masanori (1561-26.8.1624) als Lehensinhaber, der sein Lehen aus fadenscheinigen Gründen verlor: Ihm wurde vorgeworfen, seine Burg ohne Erlaubnis repariert zu haben und damit gegen das Buke Shohatto von 1615 verstoßen zu haben, das eine Verstärkung und Vergrößerung der Burgen verbot, für Reparaturen aber lediglich eine Anzeigepflicht vorsah. Tatsächlich hatte Masanori nur Taifunschäden beseitigt und auch korrekt um Genehmigung nachgesucht. Dennoch wurde der Vorwurf aufrechterhalten, und er wurde auf das winzige Lehen Takaino mit weniger als einem Elftel Einkommen strafversetzt. In der Sache war das äußerst fadenscheinig und wahrscheinlich Unrecht, offensichtlich mußte einfach der Mann weg. Hiroshima war frei für Asano Nagaakira, und Wakayama war frei für Tokugawa Yorinobu, und Sunpu fiel wieder an das Shogunat. Wakayama war für die Tokugawa die bedeutendste westliche Festung in Familienhänden.

Mit der Ankunft von Tokugawa Yorinobu wurde Burg Wakayama zwischen 1621 und 1629 umgebaut und groß ausgebaut. Insbesondere expandierte man die Burg nach Norden, Nordwesten und Nordosten. Die Wallbereiche Minami-no-maru und Suna-no-maru wurden in die Gesamtanlage einbezogen, so daß der Hügel reihum von separaten Wallbereichen wie von einem Sicherheitsgürtel umgeben war. Seitdem wurde der gesamte Bereich der beiden Gipfel als Honmaru bezeichnet, und die von den Asano ergänzte zweite Struktur wurde Honmaru goten genannt, Honmaru-Palast, im Gegensatz zum Honmaru-Tenshu auf dem ersten Hügel. Vielmehr verlagerte man die Residenzfunktionen in die Ebene. Denn der Gipfelbereich war aufgrund des unregelmäßigen Geländes unpraktisch und unbequem. Fortan standen die Bauwerke auf den beiden Hügeln fast immer leer, und tatsächlich residierte man unten im Ninomaru-goten. Den Gipfelbereich nutzte man nur noch gelegentlich, z. B. für offizielle Audienzen, eine dreitägige Neujahrsfeier mit zeremoniellen Noh-Aufführungen (Utai-zome). Ganz am Ende der Edo-Zeit wurden die sonst leerstehenden Residenzgebäude im Honmaru doch noch einmal benutzt, als das Sankin-koutai abgeschafft wurde, die Residenzpflicht in Edo für den Burgherrn, und die Frauen die Erlaubnis erhielten, in die offizielle Residenz des Burgherrn zurückzukehren. Die Ninomaru-Goten diente hingegen hauptsächlich der Verwaltung des Lehens und als bequeme Residenz für den Daimyo.

Damit war Wakayama als Sitz einer Gosanke-Linie etabliert, der Kishuu-Tokugawa. Die Go-sanke waren die erhabenen drei Familien oder die ehrenwerten drei Familien. Diese Familien gehen auf die drei jüngsten Söhne von Tokugawa Ieyasu zurück. Im einzelnen waren das: Der neunte Sohn hieß Yoshinao und wurde Daimyo von Owari (Owari-Tokugawa, Sitz in Nagoya, 620000 Koku). Der zehnte Sohn hieß Yorinobu (1601-1671) und wurde 1619 Daimyo von Kii (Kishuu-Tokugawa, Sitz in Wakayama, 555000 Koku). Der elfte Sohn hieß Yorifusa und wurde Daimyo von Mito (Mito-Tokugawa, Sitz in Mito, 350000 Koku). Der dritte Sohn war Tokugawa Hidetada und setzte die Hauptlinie fort und wurde seinerseits Shogun in Nachfolge seines Vaters. Auch wenn diese drei Familien offiziell eine Beraterfunktion hatten, war ihr Hauptzweck, den Fortbestand des Hauses Tokugawa zu sichern: Ein neuer Shogun mußte aus diesen drei Familien stammen, sofern es keinen Sohn in der Hauptlinie gab. Dieser Fall trat 1717 ein, als die Linie des Daimyo von Kii einspringen mußte: Tokugawa Yoshimune wurde der 8. Tokugawa-Shogun. Seine Abkömmlinge regierten dann bis 1866, mit einer weiteren Adoption innerhalb der Kishuu-Linie zwischen 13. und 14. Tokugawa-Shogun. 1866 sprang die Linie Mito, ursprünglich nicht nachfolgeberechtigt, dann aber aufgewertet, mit Tokugawa Keiki ein; er wurde unter dem Namen Hitotsubashi adoptiert und wurde als Yoshinobu Shogun, hatte aber nur noch ein Jahr zu regieren. Er war der letzte und 15. Tokugawa-Shogun. Die Linie der Daimyo von Owari kam hingegen überhaupt nicht zum Zuge.


Geschichte: Wakayama als Sitz der Kishuu-Tokugawa
Der Kii-Zweig der Tokugawa begann also mit Tokugawa Yorinobu (1601-1671, 1. Daimyo 1619-1667), dann folgten aufeinander dessen Sohn Tokugawa Mitsusada (28.1.1626-25.9.1705, 2. Daimyo 1667-1698), dessen Sohn Tokugawa Tsunanori (1665-1705, 3. Daimyo 1698-1705), dessen Bruder Tokugawa Yorimoto (1680-1705, 4. Daimyo 1705-1705), dessen Bruder Tokugawa Yoshimune (27.11.1684-12.7.1751, 5. Daimyo 1705-1716, danach Shogun), dessen Cousin Tokugawa Munenao (1682-1757, früherer Name: Matsudaira Yoriyoshi, 6. Daimyo 1716-1757), dessen Sohn Tokugawa Munenobu (6.4.1720-14.4.1765, 7. Daimyo 1757-1765), dessen Sohn Tokugawa Shigenori (1746-1829, 8. Daimyo 1765-1775), dessen Onkel Tokugawa Harusada (1728-1789, 9. Daimyo 1775-1789), dessen Großneffe Tokugawa Harutomi (1771-1852, 10. Daimyo 1789-1832), welcher den bislang schwarz verbretterten Tenshu in einen weiß verputzten umbaute und unter dem die Kernburg nach Blitzschlag brannte und wiederhergestellt wurde, dann wieder aus der ersten Linie Tokugawa Nariyuki (1801-1846, 11. Daimyo 1832-1846), dessen Bruder Tokugawa Narikatsu (1820-1849, 12. Daimyo 1846-1849), dessen Neffe Tokugawa Yoshitomi (17.7.1846-29.8.1866, 13. Daimyo 1849-1858, danach 1858-1866 als Tokugawa Iemochi Shogun), und dann schließlich wieder aus der zweiten Linie Tokugawa Mochitsugu (1844-1906, 14. Daimyo von Kishuu 1858-1869 und von Wakayama 1869-1871, seit 1868 mit Fürstentitel). Das Haus Kii besteht bis heute fort, wird aber in der gegenwärtigen Generation mit dem derzeitigen Oberhaupt, Frau Tokugawa Kotoko, erlöschen.

Ursprünglich war die Burg mit einer schwarzen Holzverkleidung versehen. Das war typisch für die frühen Burgen und deshalb auch wiederum typisch für die Burgen der Toyotomi-Partei. Bezüglich der Farbe gibt es eine interessante Theorie: Der frühere Hauptturm der Burg Osaka soll schwarz gewesen sein, und das war die Burg von Toyotomi Hideyoshi. Schwarze Haupttürme haben auch die Burgen Kumamoto und Hiroshima, und beide Erbauer waren Parteigänger von Toyotomi Hideyoshi, genau wie in Okayama und hier in Wakayama. Die Parteigänger von Tokugawa Ieyasu hingegen bauten weiße Burgtürme, wie in Hikone und in Himeji. Die Ausnahme von der Regel ist Matsue, schwarz und Tokugawa-Partei. Andererseits sind die schwarzen Burgtürme die älteren (wie auch Matsumoto), die weißen die jüngeren, und wahrscheinlich koinzidiert der Wechsel der Macht von der Familie Toyotomi zur Familie Tokugawa einfach mit einem Wandel der Technik, um 1600 wechselte man von der Verbretterung mit schwarz lackiertem Holz zu weiß verputzten Außenwänden, und diese neue Technik entwickelte sich zunächst rings um die Herrschaftszentren Kyoto und Edo, während sich das in abgelegeneren Regionen Westjapans erst später durchsetzte. Auch klimatische Bedingungen mögen eine Rolle spielen, und lackiertes Holz ist widerstandsfähiger gegen Regen und Taifune als Putz, der aufweicht. Unter Tokugawa Harutomi wurde das Aussehen der Burg im Jahre 1798 radikal geändert: Die schwarze Verbretterung wurde durch weißen Verputz ersetzt, womit beide Argumente, das zeitliche wie das politische, weitere Unterstützung erhalten.


Geschichte: Von der späten Edo-Zeit bis heute: abwechselnd Zerstörung und Wiederaufbau
Im Jahre 1846 wurde die Kernburg vom Blitz getroffen und zerstört. Der noch aus der Asano-Zeit stammende Tenshu brannte ab. Anders als bei vielen anderen Burgen entschied man sich hier zum Wiederaufbau, mit Spezialerlaubnis des Shogunats erfolgte dieser 1850. Eigentlich war es verboten, zerstörte Burgen wiederaufzubauen, aber weil dieses eine Burg der Familie des Shoguns war, machte man eine Ausnahme. Nach der Abschaffung des Feudalismus im Jahre 1871 wurde die aufgegebene Burg Wakayama ein Armee-Stützpunkt, wegen der erhöhten Lage direkt in Meeresnähe war das ein guter Spähposten. Während der Meiji-Zeit wurden die Gebäude des Honmaru-goten abgerissen. Nur ein Gebäude überlebte, denn die Küche (O-daidokoro) gab man an den Tempel Kouon-ji im Stadtteil Ougaito, 10 km östlich der Burg. Etliche Gebäude der Burg Wakayama wurden nach Osaka versetzt, nachdem dort 1868 ein Feuer während des Boshin-Krieges den Honmaru-Palast zerstört hatte. Im Jahre 1885 wurden aus dem ehemaligen Ninomaru-goten der Hakushoin, der Kuroshoin und der Tozamurai in die Burg Osaka transferiert.  Ein aus Wakayama stammender Shoin wurde aufgrund seiner Herkunft als Kishuu-Goten oder ab 1933 Tenrinkaku genannt. Diese Strukturen brannten 1947 ab.

Die Kernburg blieb, und der erhaltene (1850 wiederhergestellte) Tenshu war sogar als Nationalschatz eingestuft. Im Jahre 1900 zog die Armee aus, und das Burggelände wurde 1901 für die Allgemeinheit zugänglich gemacht. 1931 ernannte man das Burggelände zur historischen Stätte und stellte es somit unter staatlichen Schutz. 1935 nahm man die meisten Gebäude der Burg in die Liste der Nationalschätze auf. Bei den Luftschlägen der Amerikaner im Jahre 1945 wurden alle Aufbauten zerstört, auch der bis dahin intakte Tenshu-kaku. Weil etliche Burgen als Stützpunkte der kaiserlich-japanischen Armee genutzt wurden, waren sie ein bevorzugtes Angriffsziel der amerikanischen Bomber. Von den 19 bis dahin noch erhaltenen Haupttürmen japanischer Burgen wurden sieben bei den Bombardierungen 1945 von den US-Bombern zerstört, neben Wakayama waren das Nagoya, Hiroshima, Okayama, Fukuyama, Gifu und Ogaki, dazu noch einige Türme in Osaka. 1958 erfolgte auf Betreiben der Stadt Wakayama der Wiederaufbau der Kernburg in Stahlbeton; die Grundlage der Rekonstruktion bildeten die für die Wiederherstellung 1850 angefertigten Zeichnungen. Der Wiederaufbau erfolgte unter der fachlichen Leitung von Fujioka Michio (1908-1988), Architekt, Kunstgeschichtler und ehemaliger Professor am Institut für Technologie in Tokyo, welcher u. a. ein Grundlagenbuch über japanische Burgen verfaßt hatte (weitere Forschungen zur Architektur der Khmer und der Newar). Burg Wakayama zählt zusammen mit den Burgen Himeji und Iyo-Matsuyama zu den "drei großen Berg-und-Flachland-Burgen". Alternative Namen der Burg sind Takegaki-jou und Torafusu-jou (Burg des liegenden Tigers, nach dem Berg benannt).


Rundgang und Beschreibung: grundsätzliches Layout
Das ganze Burggelände mißt ca. 550 m in West-Ost-Richtung und bis zu 450 m in Nord-Süd-Richtung. Die Kernburg hingegen ist nur 100 m lang und maximal 45 m breit. Der ganze Rest des Geländes, und das ist der überwiegende Teil, wird von Wassergräben (Norden und Osten), Wällen, Parkanlagen und Gärten (Norden), einem Historischen Museum (Nordwesten), Parkplätzen (Nordwesten), einem Shinto-Schrein (im Südwesten) und einem Zoo (im Süden) eingenommen. Am besten beginnt man die Besichtigung an der Nordostecke, weil man hier den beeindruckendsten Blick auf die nur an der Nord- und Ostseite erhaltenen Wassergräben hat. An der Nordseite ist der Wassergraben 280 m lang, an der Ostseite 360 m mit mehreren Abtreppungen. An der Nordseite ist der Wassergraben (Kitabori) auf dem längsten Stück 26 m breit, an der schmalsten Stelle gegenüber dem Tor aber nur 11 m. An der Ostseite (Higashibori) ist die schmalste Stelle 22 m breit, die breiteste Stelle aber 72 m, und ganz im Südosten knickt der Graben noch einmal nach Osten ab mit einer Breite von 75 m. Im Süden ist südlich des Zoos ein weiterer Grabenverlauf nachvollziehbar (Minamibori), der ist aber trocken und als Garten vor dem Steinwall angelegt. Der nördliche Wassergraben (Kitabori), der an seinem westlichen Ende nach Süden abknickt und 90 m tief zwischen Ninomaru und Nishi-no-maru einschneidet (Nishibori), ist im Bereich des Historischen Museums unterbrochen, dann folgt ganz im Nordwesten noch ein 140 m langes, nach Süden abknickendes Teilstück von 24 m Breite, das nicht mehr mit anderen Grabenstücken in Verbindung steht (Nishi-soto-bori), aber auch früher nach Norden abknickte und nicht zum anderen Graben durchging.

Es lassen sich zwei grundverschiedene Bereiche der über dem nahen Fluß Kino-kawa gelegenen Burg nachvollziehen, einerseits der zentrale Hügel (Torafusu-yama, Rest eines erloschenen Vulkans, 49 m hoch), oder sagen wir besser Doppelhügel, der sich in der Mitte des Areals von Osten nach Westen erstreckt und an die beiden Höcker eines Trampeltiers erinnert, das ist der Honmaru (innerer Bereich) mit Wallanlagen, die dem Gelände folgen, und andererseits der flache Bereich außenherum innerhalb der noch vorhandenen bzw. nachvollziehbaren Wassergräben, das sind die äußeren Wallbereiche mit regelmäßigen, rechtwinklig angelegten Wällen. Nur im Südwesten mutzt die Linie der Wälle einen weiteren dort befindlichen Hügel aus und folgt dessen Fuß. Im Norden liegt der Ni-no-maru, im Osten der Onkura-no-maru, im Süden der Minami-no-maru, im Südwesten und Westen der Suna-no-maru und im Nordwesten der Nishi-no-maru. Früher noch vorhandene äußere Wallbereiche sind in der modernen Stadt aufgegangen und nicht mehr anhand des Befundes nachzuvollziehen. Die zwei wichtigsten Bereiche hatten einst einen eigenen Palast, im Ninomaru lag die ausgedehnte Palastanlage im Norden, wo am meisten Platz ist (Ninomaru goten ato), und im Honmaru lag er auf der östlichen, niedrigeren der beiden Hügelkuppen (Honmaru goten ato), während die westliche, höhere Hügelkuppe von der Kernburg eingenommen wird. Diese Burg folgt also dem Typus Hira-yama-jiro, also einer Burg in der Ebene mit einem Hügel für die zentrale Komponente. Und sie läßt sich dem Layout Renkaku-shiki zuordnen. Denn durch die Zwischentore ist der gesamte äußere Bereich in separat zu verteidigende Einheiten unterteilt, und jede Untereinheit diente quasi als Schleuse für die Zugangsregulierung, ebenso wie jedes Masugata-koguchi-Tor für sich durch die Kombination von Außentor und Innentor eine Schleusenfunktion hatte. Mehrere Toranlagen führen in das Innere der Burg. Diese Tore sind in ganz unterschiedlichem Zustand, es gibt originale Bauten, rekonstruierte Bauten und Wälle ohne hölzerne Einbauten. Und insgesamt gibt es hier mehr Toranlagen als man auf den ersten Blick denkt, mehr als ein Dutzend.

Abb.: Burg Wakayama und die Unterteilung in Wallbereiche und Wassergrabenabschnitte. Die Graphik basiert auf einem um 1800 angefertigten Plan der Burg Wakayama (Original in der Wakayama Präfektur-Bibliothek, gemeinfrei aufgrund des Alters), der den Zustand der späten Edo-Zeit wiedergibt.

Abb.: die verschiedenen Toranlagen der Burg Wakayama. Die Graphik basiert auf einem um 1800 angefertigten Plan der Burg Wakayama (Original in der Wakayama Präfektur-Bibliothek, gemeinfrei aufgrund des Alters), der den Zustand der späten Edo-Zeit wiedergibt. Rechteckige Rahmen markieren Tore vom Masugata-Koguchi-mon-Typ, runde Rahmen andere Tore oder geregelte Übergänge.


Rundgang und Beschreibung: Nordostbereich
An der Nordostecke führt von Norden her die leicht gebogene, 1983 wiederhergestellte Ichi-no-hashi, die erste Brücke, über den Wassergraben (Kitabori) und endet am leicht zurückgesetzten Otemon (Outemon), dem Haupttor. Es ist vom Typ eines Korai-mon mit zwei kleinen seitlichen Dächern nach hinten über dem Torflügelanschlag und eingebunden in ein jeweils wenige Meter langes Stück rekonstruierter Wehrmauer. Ursprünglich war dieses Tor nicht als Haupteingang vorgesehen, doch unter der Herrschaft der Familie Asano bekam das frühere Ichi-no-hashi-go-mon diese Funktion, die vorher das Tor an der Südostecke hatte. Dieses 1909 zusammengebrochene und in der Neuzeit 1982 wiederaufgebaute Tor führt nicht einfach so in den Ninomaru, sondern in einen im Westen von einem 100 m langen Wall abgegrenzten Vorbereich von knapp 30 m Breite. Erst am südlichen Ende dieses rechteckigen, ungewöhnlich großen Vorbereichs folgt ein starkes Tor vom Masugata-koguchi-Typ (Ichi naka-mon ato, Ruine des ersten inneren Tores). Der westlich begleitende Wall springt dazu 17 m nach Westen zurück und anschließend 22 m nach Süden, während von Osten her ein trennender Wall vom Wassergraben bis hierhin einen mächtigen, 60 m langen Riegel vorschiebt. Dadurch entsteht ein Torzwinger mit zweimal abknickendem Verlauf des Weges und einem 11 m breiten Durchlaß im Süden, wo früher einmal ein Rouka Yagura-mon eingebaut war und im Gegensatz zum leichten Tor im Norden hier ein schweres, gut zu verteidigendes Tor darstellte. Nach Passieren dieses Tores ist der Weg frei entweder nach Westen in den Ninomaru oder nach Süden in den Onkura-no-maru und zum Honmaru-Aufgang (Omote-zaka). An dieser Wegekreuzung steht eine Statue eines liegenden Tigers (Fukko-zo, vgl. Name des Berges Torafusu, tora = Tiger, fusu = runter, niederliegend, sich hinstreckend). Alle Außenwälle des Onkura-no-maru zum Wassergraben hin und zu den Tor-Vorbereichen hin sind auf der Innenseite auf ganzer Breite mit treppenartigen Steinstufen (Gangi) versehen, so daß die Verteidiger schnell und ohne Gedränge auf ganzer Breite zur Wallkrone hochstürmen konnten, wenn es nötig war, um einen Angriff abzuwehren.

Abb.: Burg Wakayama und die Bezeichnung der einzelnen Strukturen, Nordostbereich. Die Graphik basiert auf einem um 1800 angefertigten Plan der Burg Wakayama (Original in der Wakayama Präfektur-Bibliothek, gemeinfrei aufgrund des Alters), der den Zustand der späten Edo-Zeit wiedergibt.


Rundgang und Beschreibung: Südostbereich
An der Südostecke gibt es ein weiteres Tor, unweit der Bushaltestelle Okayamacho und direkt am südlichen Ende des Ost-Wassergrabens (Higashibori). Dort steht das Okaguchi-mon, das frühere Vordertor (Kyuu Outemon) der Burganlage von Hashiba Hidenaga. Während der Herrschaft der Asano-Familie wurde die Funktion nach 1600 an das Tor im Nordosten übertragen, und dieses Tor wurde in Karamete-mon umbenannt. Im Jahre 1621 wurde dieses Tor unter den Tokugawa neu gebaut und bekam den Namen Okaguchi-mon. Dieses ist neben dem Oimawashi-mon der einzige erhaltene historische Torbau, und diese beiden sind die einzigen hölzernen Aufbauten der Burg, der die Luftschläge im Zweiten Weltkrieg überlebt haben. Das Tor ist seit 1957 als national wichtiges Kulturgut eingestuft, ebenso das sich nördlich anschließende erhaltene originale Stück einer dem Wall aufsitzenden Verteidigungsmauer aus Lehm (Dobei) mit Schießscharten (Sama) für Musketen. Vom Typus her ist es ein in eine Wall-Lücke eingepaßtes Yagura-mon mit den massiven Holztoren im unteren Bereich und einem Wehrraum oben drüber, der nach außen zwei gestäbte Wehrfenster besitzt und wahlweise als Ausguck und als erhöhte Verteidigungsplattform in Kriegszeiten genutzt wurde. Das Tor öffnet sich nach Osten auf eine kleine schräge Fläche neben dem Wassergraben.

Wie im Norden grenzte auch hier ein Nord-Süd-Wall den Bereich hinter dem Tor von der westlich gelegenen Fläche ab. Hinter diesem trennenden Wall gelangt man in den südlichen Wallbereich (Minami-no-maru) mit dem Zoo (Wakayama-jou-kou-en-doubutsu-en). Hinter dem vorgenannten Tor kommt man in Richtung Norden neben den mächtigen und hochaufragenden Honmaru-Wällen, die an dieser Stelle noch einen großen Sumi-Yagura trugen, zum Masugata-Tor, dem Oka naka-mon (inneres Tor beim Hügel). Es besteht nur aus Wällen und besitzt keine Einbauten mehr (Oka naka-mon ato). 26 m folgt man dem Honmaru-Eckwall, dann folgt der von Westen kommende, 17 m lange Querwall, während der von Osten kommende Querwall bereits nach 8 m den rechteckigen Torzwinger eröffnet hatte. Gleich hinter dem Tor Oka naka-mon beginnt der S-förmig gewundene Aufstieg zum Honmaru (Omote-zaka, vorderer Aufstieg, 300 m, 70 Stufen), der über den Wallbereich Matsu-no-maru nach oben führt. Vom Auslaß des Tores nach innen sind es bis zu demjenigen der nördlichen Masugata 114 m, und hier befindet sich der Onkura-no-maru, der nach außen als der in den Wassergraben vorspringende Abschnitt kenntlich ist, zudem sind seine Ishigaki-Wälle deutlich höher als die der beiden Vorbereiche hinter den Außentoren. Der Bereich hat vermutlich seinen Namen nach den früher hier befindlichen Lagerhäusern (kura). Interessanterweise gibt es an der Ostseite zum Graben hin jeweils an der Stoßstelle zwischen den niedrigen Wallabschnitten im Norden und im Süden und dem höhen Wallabschnitt in der Mitte eine Lücke, wo früher ein wasserseitiges Tor eingepaßt war. Dort konnte man per Boot anlanden. Diese zwei Wassertore auf der Ostseite zum Higashibori hin sind ein interessantes Detail, das man mangels hölzerner Einbauten leicht übersieht, wenn man dem Hauptweg auf der Innenseite folgt. Wichtig ist, daß man nach Überwinden eines dieser Wassertore immer noch ein mächtiges inneres Masugata-Tor überwinden mußte, um einen Weg zum Honmaru angehen zu können.

Abb.: Burg Wakayama und die Bezeichnung der einzelnen Strukturen, Südostbereich. Die Graphik basiert auf einem um 1800 angefertigten Plan der Burg Wakayama (Original in der Wakayama Präfektur-Bibliothek, gemeinfrei aufgrund des Alters), der den Zustand der späten Edo-Zeit wiedergibt.

Wenn man sich gerade am Okaguchi-mon befindet, lohnt ein kurzer Fußweg nach Südosten auf die andere Seite der Hauptverkehrsstraße (es gibt zwei Zebrastreifen!), denn dort steht gegenüber dem Wassergraben am Rande eines Parkplatzes das umgesetzte Edo-zeitliche Nagaya-mon der ehemaligen Omura-Residenz, immerhin eines der wenigen erhaltenen Gebäude aus der Edo-Zeit. Das Gebäude ist 26 m lang und besitzt am westlichen Ende einen kleinen rückwärtigen Flügel.


Rundgang und Beschreibung: Südbereich
Eine dritte Toranlage gibt es in der Mitte der Südseite. Dort steigen die Wälle besonders hoch an zu einem gewaltigen Turmfundament (Suna-no-maru-yagura-dai). Das muß ein riesiger Turm gewesen sein, denn die Grundfläche der Plattform oben mißt 15 m x 22 m. Neben diesem Turm geht es hinein (heute eine Straße, die zu besonders schattigen Parkplätzen führt), und im Anschluß an das Turmfundament kommt die Masugata-koguchi des Fumei-mon (Fumei-mon-ato). Das Tor neben dem Turmsockel im Süden wird als Akazu-go-mon bezeichnet. Hier sind in beiden Torstellen keine hölzernen Einbauten vorhanden, aber die Wegeführung durch die Wälle hindurch läßt sich komplett nachvollziehen, zum Leidwesen der Autofahrer, die diese Zufahrt nutzen. Die Fortsetzung des östlichen Begrenzungswalls nach Norden läßt nur einen kleinen Zwischenraum zu den Honmaru-Wällen frei, so daß hier der Südbereich eine deutliche Unterteilung in zwei Abschnitte erfährt. Rechts der Trennung befinden sich der Zoo innerhalb des Walles und der Azaleengarten (Tsutsuji-en) außerhalb im Bereich des ehemaligen, nun trockenen Grabens (Minamibori). Im westlichen Südbereich (Suna-no-maru, Suna = Sand, also Sand-Kreis) befindet sich der Gokoku-jinja, der Schrein für die Gefallenen der Präfektur Wakayama. Der Zugang liegt aber weit im Westen, direkt neben dem Oimawashi-mon, und dort befindet sich auch schon das erste Torii. Hinter dem Schrein, also westlich des vorgenannten Turmfundaments, liegt das hügelartige Gelände deutlich höher und war im Gegensatz zu den anderen äußeren Wallbereichen in der Fläche wenig nutzbar. An der Südecke dieses Wallbereiches gibt es ein weiteres, aber erheblich kleineres Turmfundament. Aufgrund des umbauten Hügels weicht die Außenlinie der Burg her auch vom sonst typisch rechtwinkligen Verlauf ab. Hier gibt es im Norden am Fuß des zentralen Hügels einen weiteren Aufstieg zur Kernburg, Shin-ura-zaka genannt, also neuer hinterer Aufstieg. Dieser 130 m lange Aufgang mit 102 Stufen ist nicht historisch.

Abb.: Burg Wakayama und die Bezeichnung der einzelnen Strukturen, Südwestbereich. Die Graphik basiert auf einem um 1800 angefertigten Plan der Burg Wakayama (Original in der Wakayama Präfektur-Bibliothek, gemeinfrei aufgrund des Alters), der den Zustand der späten Edo-Zeit wiedergibt.


Rundgang und Beschreibung: Westbereich
An der Westseite befindet sich nördlich der Bushaltestelle Kencho-mae ein weiteres Tor, das zinnoberrot angestrichene Oimawashi-mon. Vermutlich wurde dieses Tor angelegt, als die Burg nach 1619 in Richtung Südwesten ausgebaut wurde. Es handelte sich um ein Hintertor, und seinen Namen hat es daher, daß auf der Fläche außen vor dem Tor Manöver der Kavallerie abgehalten wurden. Es ist ein sehr großes und mächtiges Holztor vom Korai-mon-Typus. Auch dieses Tor ist hinsichtlich der Wälle vom Masugata-Typus, aber der innere Querriegel fehlt heute. Dieses Tor ist original Edo-zeitlich und neben dem Okaguchi-mon die einzige originale Struktur aus Holz. Es ist als wichtiges Kulturgut der Stadt geschützt. In direkter Linie trennt ein bis zum Honmaru-Wall reichender Querwall den Außenbereich in zwei Abschnitte nördlich und südlich des Tores. Auch dieser Bereich nördlich des Tores wird zum Suna-no-maru (Sand-Kreis) gerechnet. Die beiden Bereiche im Westen und Südwesten werden hier gleich bezeichnet, obwohl ein Tor sie deutlich in zwei separate Bereichs auftrennt, das lag wahrscheinlich daran, daß der südwestliche Bereich hügelig und gering nutzbar war und eher als Annex des Sandkreises empfunden wurde.

Wenn man hier weiter nach Norden geht in Richtung des Historischen Museums (die Eintrittskarte der Burg gilt auch hier), findet man am Nordwesteck des Burghügels die Überreste des Tsuro-no-mon (Kranichtor). Das eingetiefte Gelände am Hügelfuß wird Tsuru-no-tani genannt, Kranichtal, anschließend kommt weiter östlich das Yamabuki-no-tani (Yamabuki = Kerrie, tani = Tal). Der Nordwestbereich des Suna-no-maru ist ab den Tennisplätzen so stark verändert worden, daß man dort die ursprünglichen Strukturen nicht mehr gut nachvollziehen kann, obwohl sich noch lange Wallmauern erhalten haben. An den Tennisplätzen beginnt der kurze Nordwest-Wassergraben (Nishi-Soto-bori). Ganz im Norden war früher eine weitere Toranlage vom Masugata-Typ, das Fukiage-mon, zu dem die Brücke Fukiage-bashi über den äußeren Wassergraben Sotobori führte.


Rundgang und Beschreibung: Nordwestbereich
Zwischen Suna-no-maru und Ninomaru liegt ein weiterer Wallbereich, der Nishi-no-maru (nishi = Westen, no = Genitivpartikel, maru = Wallkreis). Wo der Sotobori wieder nach Norden abknickte, verband früher das Fukiage-dai-mon den Suna-no-maru mit dem Nishi-no-maru, also in direkter Nähe zum Fukiage-mon. Hier im Nordwestbereich gibt es in diesem Wallkreis Nishi-no-maru noch zwei Sehenswürdigkeiten, die zu den besten des ganzen Burgareals gehören. Zum einen ist das der Garten Momijidani-teien (Momiji = bunte Ahornblätter, tani = Tal, teien = großer Garten), ein ganz idyllischer Garten um einen See herum mit einem kleinen Pavillon (Engyo-kaku) direkt am Wasser, mit der Brücke Koyoukebashi, dem Stein Mifune-ishi und vielen anderen Details. Der Garten trägt diesen Namen, weil er berühmt ist für seine phantastische Laubfärbung im Herbst. Er wird auch Nishi-no-maru-Garten genannt, weil der Bereich westlich des Sees strukturell zum Nishinomaru gehört. Bereits in der frühen Edo-Zeit wurde dieser Garten unter Tokugawa Yorinobu angelegt. Während der Edo-Zeit gab es im Garten sogar eine Noh-Bühne und ein Teehaus. Von besagtem Choshokaku und dem Teehaus Suigetsuken sind im Südwestbereich des Gartens nur noch Ruinen erhalten. 1973 wurde der Garten wiederhergestellt, und 1985 wurde er als nationale Stätte besonderer landschaftlicher Schönheit unter Schutz gestellt. Nördlich des Gartens befand sich früher der Palast Nishi-no-maru-goten, er ist spurlos verschwunden. Heute gibt es im Norden des Gartens eine Teestube, genannt Kosho-an. Möglich wurde der 1973-1974 in traditionellem Stil erfolgte Bau des Teehauses durch eine Spende von Matsushita Konosuke, einem aus Wakayama stammenden wohlhabenden Geschäftsmann.

Abb.: Burg Wakayama und die Bezeichnung der einzelnen Strukturen, Nordwestbereich. Die Graphik basiert auf einem um 1800 angefertigten Plan der Burg Wakayama (Original in der Wakayama Präfektur-Bibliothek, gemeinfrei aufgrund des Alters), der den Zustand der späten Edo-Zeit wiedergibt.

Abb.: Burg Wakayama, Nishi-no-maru-Goten und Momijidani-teien. Die Graphik basiert auf einem um 1800 angefertigten Plan der Burg Wakayama (Original in der Wakayama Präfektur-Bibliothek, gemeinfrei aufgrund des Alters), der den Zustand der späten Edo-Zeit wiedergibt.

Das andere ist eine einzigartige Konstruktion, die Brücke O-hashi-rouka (O = groß, hashi = Brücke, rouka = Korridor). Diese gedeckte Brücke ist 29 m lang, ca. 4,7 m breit und überspannt den Wassergraben zwischen dem Nishi-no-maru und dem höhergelegenen Ni-no-maru. Sie ruht auf einer zweiteiligen Balkenkonstruktion mit einer Bootsdurchfahrt in der Mitte. Solche Brücken stellen prinzipiell ein übliches Element der Burgenarchitektur dar, ungewöhnlich und einzigartig ist ihre Schrägstellung mit starkem Neigungswinkel. Wegen des Gefälles besteht der Holzboden (der nur auf Strümpfen betreten wird!), aus lauter leicht schräg gestellten Querdielenbrettern, so daß sich im Längsschnitt ein Profil wie bei einer Säge ergibt, auf dem man nicht rutschen kann (trotzdem nicht angenehm für die Füße). Über diese Brücke konnte man (Feudalherr, Gäste und Dienerschaft) früher ungesehen zwischen dem Nishi-no-maru-goten und dem Ni-no-maru-goten hin und her wechseln, weil die Wände geschossen und nur durch regelmäßig angeordnete, jeweils höhenversetzte Fenster durchbrochen sind. Diese Brücke wurde 2006 aufgrund von Ausgrabungsbefunden rekonstruiert. Der Nishi-no-maru war früher nördlich des Gartenbereichs fast komplett mit Gebäuden bebaut; nichts hat sich davon erhalten.


Rundgang und Beschreibung: Nordbereich
Der komplette Ni-no-maru, in West-Ost-Richtung 195 m und in Nord-Süd-Richtung  ca. 110 m messend, ist heute als Park gestaltet. Früher wurde fast das gesamte Areal von dem 1621 erbauten und im 19. Jh. abgetragenen Palast eingenommen, der sich um mehrere Innenhöfe gruppierte und der zentrale Verwaltungssitz des Lehens war. Der Palast war in drei funktional unterschiedliche Abschnitte geteilt, es gab einen äußeren Bereich für Verwaltungsangelegenheiten, einen mittleren Teil mit der offiziellen Residenz des Feudalherrn und einen Privatbereich mit den Privatgemächern des Daimyo und seiner Familie. 2008-2015 fanden hier Ausgrabungen statt, die Grundmauern und Keller zutage förderten. Vom Ni-no-maru aus gibt es einen Nordzugang zum Honmaru, Ura-zaka genannt, hinterer Anstieg. Dieser ist ebenfalls historisch und führt in der Senke zwischen den beiden Teilen des Honmaru hinauf. Am unteren Anfang des Treppenweges erkennt man deutlich die Wälle einer einstigen weiteren Toranlage. An einer scharfen letzten Kehre kann man eine Aussichtsplattform ersteigen, von der aus man einen guten Blick auf den Tenshu hat. Dahinter liegt im Osten der Bereich des ehemaligen Honmaru-Palastes (Honmaru-goten ato). Dieser wird im Süden begleitet vom Wallbereich Matsu-no-maru (Kiefern-Wallbereich). Nach Westen kommt man zur Kernburg. An dieser Wegscheidung treffen auch Ura-zaka und Omote-zaka aufeinander, und hier läßt sich auch eine weitere Toranlage nachvollziehen.

Abb.: Ninomaru mit Ninomaru-Goten. Die Graphik basiert auf einem um 1800 angefertigten Plan der Burg Wakayama (Original in der Wakayama Präfektur-Bibliothek, gemeinfrei aufgrund des Alters), der den Zustand der späten Edo-Zeit wiedergibt. Der Palast ist in 3 Bereiche untergliedert, einen Privatbereich, eine offizielle Residenz und einen Verwaltungsbereich. Links die Brücke O-rouka-hashi, rechts unten eine Masugata-koguchi, unten in der Mitte Beginn des Aufstiegs Ura-zaka mit Tor. Links Nishibori, oben Kitabori.


Rundgang und Beschreibung: Zentralbereich, Honmaru
Wenn man sich das Gesamtsystem anschaut, stellt man fest: Es gibt zwei Wege den Berg hinauf ins Herz der Burg. Jeder dieser Wege hat unten und oben ein Tor. Man kann den Einstieg in diese Wege nur von zwei Wallkomponenten aus finden, die selbst kein Außentor haben und mit höher angelegten Außenwällen versehen sind als die benachbarten Wallkomponenten. Egal, welches Außentor man nimmt, man findet in der Wallkomponente direkt dahinter keinen Zugang zum Honmaru, sondern man muß immer erst ein schwer befestigtes Tor vom Masugata-koguchi-Typ überwinden, um überhaupt den Aufstieg wagen zu können. Und egal, welches Außentor man benutzt (inklusive der beiden Wassertore), immer muß man mindestens 6 Toranlagen passieren, bis man im Tenshu-kaku dem Burgherrn gegenübersteht (die letzten beiden Tore sind das Tor in die Kernburg und das Tor in den Ko-tenshu) - und wenn man sich verläuft, noch ein paar mehr. Und viele dieser Toranlagen sind selbst noch einmal als Schleuse gestaltet und bestehen aus Außentor und Innentor. Da in der Regel ein potentieller Angreifer kein Google Earth benutzen konnte, sondern auf den Augenschein angewiesen war, entpuppt sich die Aufgabe einer Eroberung dieser Burg als ein Gang in ein Labyrinth, denn es gibt auch 6 in sich geschlossene Wallkomponenten, von denen aus man eben nicht zu einem Aufstieg zum Honmaru gelangen kann; nur zwei führen zum Erfolg, und die sind gut geschützt durch höhere Wälle, Wehrtürme und Verzicht auf Tore, die direkt nach außen in die Stadt oder in die Vorflächen führen.

Abb.: die verschiedenen Wege in das Zentrum der Burg. Die Graphik basiert auf einem um 1800 angefertigten Plan der Burg Wakayama (Original in der Wakayama Präfektur-Bibliothek, gemeinfrei aufgrund des Alters), der den Zustand der späten Edo-Zeit wiedergibt. Es gibt 7 Außenzugänge und 2 Aufstiege zum Honmaru. Zum Erfolg führen nur die Wallkompartimente Ninomaru und Onkuranomaru, die ihrerseits keinen direkten Außenzugang haben.

Die Stelle des ehemaligen Honmaru-goten ist seit der Meiji-Zeit verwaist. Als die Burg gebaut wurde, war das zuerst der Ninomaru. Später verlegte man die Ninomaru-Funktionen in die Ebene nördlich der Burg, nannte den Platz dort unten Ninomaru und im Gegenzug wurde alles auf den beiden Hügeln zum Honmaru. Der Honmaru-goten wurde kaum genutzt, weil es viel bequemer war, alles unten in der Ebene zu regeln, was es an Verwaltungsaufgaben gab, und außerdem lebte der Burgherr sowieso die meiste Zeit in Edo. Nur zu wenigen offiziellen oder zeremoniellen Anlässen reaktivierte man die Gebäude des Honmaru-goten. Nach der Abschaffung des Feudalsystems riß man die nicht mehr benötigten Gebäude ab. Im Honmaru goten gab es früher auch einen Garten, den Shichifuku-no-niwa, den Garten des siebenfachen Glücks. Sieben verschiedene Steine standen dabei für die Shichifuku-jin, die sieben Glücksgötter. Im Jahr 1923 wurden diese sieben Steine in den südlich unterhalb liegenden, schmalen und langen Wallbereich Matsu-no-maru versetzt, weil man die alte Stelle wegen Installation einer Wasserversorgung für den Honmaru aufgrub.

Abb.: Plan des Honmaru goten auf dem östlichen Gipfelplateau des Hügels. Die Graphik basiert auf einem um 1800 angefertigten Plan der Burg Wakayama (Original in der Wakayama Präfektur-Bibliothek, gemeinfrei aufgrund des Alters), der den Zustand der späten Edo-Zeit wiedergibt.

Im Süden der Kernburg befindet sich ein weitläufiger Platz mit Souvenir-Shop und sanitären Anlagen. Wie überall im vorbildlichen Japan ist das Thema Toilette auf Reisen nie ein Problem, in der ganzen Burganlage gibt es mindestens acht Pavillons mit Toiletten, einer in der Kernburg, einer davor, sechs in den äußeren Wallbereichen, und alle sind picobello-sauber. Früher war diese Ebene mit randständigen Gebäuden versehen, die aber alle verschwunden sind. Aufgrund des Geländes ist das etwas unübersichtlich, aber wir haben hier höhengestaffelt am Honmaru drei Wallmauern, eine erste am Übergang von der Ebene zum Hügel (besonders ausgeprägt im Westen und Norden), eine zweite, welche den Vorplatz sichert (besonders ausgeprägt im Süden, und eine dritte, die vor uns aufragt und die Kernburg trägt (besonders hoch unter dem Tenshu-kaku). Die Kernburg folgt in ihrem Umriß der Vulkanruine und ist daher vom Grundriß her unregelmäßig.

Nachdem man sich auf dem Vorplatz an dem guten Blick auf die komplett wiederaufgebaute Kernburg erfreut hat und seine Eintrittskarte gelöst hat, erreicht man über eine 14 m lange Treppe das Podest vor dem Tor (Ninomon oder Kusunoki-mon, Kampferbaum-Tor). Das Tor selbst ist noch nicht auf der Burghofebene, sondern etwas tiefer. Dahinter führt nach einer 90°-Drehung eine weitere Treppe auf Burghofniveau. Potentielle Eindringlinge wenden dabei den Verteidigern im Tenshu auf den letzten Metern vor Erreichen des Hofniveaus den Rücken zu. Die Kernburg ist länglich-trapezförmig mit vier Türmen an den vier Ecken. In der Südostecke befindet sich der dreistöckige Hauptturm (O-tenshu, Tenshu-kaku) mit ebenfalls drei Ebenen im Inneren, an der Nordostecke steht der kleinere, zweistöckige Ko-tenshu, davor der mit einem Karahafu überdachte Genkan, durch das man das Innere der Burg betritt, an der Nordwestecke der zweistöckige Inui-yagura (Benennung nach den traditionellen Erdenzweigen), und an der Südwestecke direkt neben dem Tor der zweistöckige Ninomon-yagura. Alle genannten Türme und das Tor sind mit einstöckigen Wehrkorridoren (Tamon-yagura) verbunden, in denen innen eine Photogalerie japanischer Burgen hängt. Nordwestlich neben dem Kotenshu befindet sich die einstige Küche (Daidokoro), ebenfalls eingebunden in die Korridore. Diese verbindenden Korridore (Tamon yagura) schaffen einen ringsum umbauten Innenhof und stellt eine seltene Bauart dar, die wir sonst z. B. noch in Himeji, in Matsuyama (Ehime) und in Takatori (Nara) finden können. Der Tenshu läßt sich wie auch Himeji dem Typus Renritsu-shiki zurechnen. Es gibt noch ein zweites Tor auf der Nordseite der Kernburg, das man nicht auf den ersten Blick entdeckt bzw. an das man aufgrund der Absperrungen nicht mehr hinkommt, das Uzumi-mon (begrabenes Tor), ein vollständig in den steinverkleideten Sockel eingelassenes Nebentor. Wie ein Tunnel führte der Zugang durch den Wall ins Innere der Kernburg. Dieser Eingang bot einen direkten Zugang zur Wasserversorgung der Burg, und hier schleppte man das oben benötigte Wasser hinein.

Abb.: Der Honmaru-Bereich von Burg Wakayama. Die Graphik basiert auf einem um 1800 angefertigten Plan der Burg Wakayama (Original in der Wakayama Präfektur-Bibliothek, gemeinfrei aufgrund des Alters), der den Zustand der späten Edo-Zeit wiedergibt und auf den aufgestellten Schautafeln an mehreren Stellen des Burggeländes abgebildet ist.

Ungewöhnlich ist der Grundriß des Tenshu; seine Form ist nicht quadratisch, sondern leicht rhombisch. Der Grund ist das begrenzte Platzangebot auf dem Hügel. Der Tenshu vom Typ Sotogata wirkt höher, weil sein Steinfundament (Tenshu-dai) höher ist als das des südlich angrenzenden Tamon-yagura. Die Treppe zur Überbrückung des Versatzes wird außen durch einen zusätzlichen Giebel markiert. Im untersten Stockwerk gibt es an den Ecken breite Ishi-otoshi, weit vorkragende und mit einer geschwungenen Verkleidung versehene schlitzartige Wurferker, die man auch an den anderen Türmen wiederfindet. Gemessen an anderen Burgen ist hier die Größe dieser Einrichtungen hervorhebenswert. Das oberste Geschoß besitzt eine umlaufende Aussichtsgalerie, von der aus man einen sehr guten Panorama-Blick auf die Burg, die Stadt, die Flußmündung und die Meeresbucht hat. Die anderen Stockwerke besitzen die gleichen gestäbten Wehrfenster mit Schiebeläden wie die anderen Yagura auch. Innen sieht man deutlich, daß der Tenshu nur äußerlich seinem historischen Vorbild nachgebildet wurde, im Kern aber eine Konstruktion aus Stahlbeton ist. Mit Holzverkleidungen und zahlreichen musealen Exponaten wird das zwar kaschiert, aber schon die breiten Treppen in modernen Proportionen sind absolut atypisch, de facto ist es ein moderner Museumsbau mit historisierender Hülle und einer ansehnlichen Präsentation von historischen Artefakten, Edo-zeitliche Waffen und Rüstungen, insgesamt durchaus eine sehenswerte Sammlung. Auf der obersten Ebene gibt es ein großes Modell der Burg, das aber nicht ganz mit dem Befund übereinstimmt, z. B. fehlen die wasserseitigen Tore auf der Ostseite etc. Den historisierenden Eindruck stören empfindlich die ganzen Lautsprecherpaare rings um die oberste Ebene, mit denen man das ganze Stadtgebiet erreichen kann. In der untersten Ebene besitzt das erste Dach auf den beiden Seiten im Südwesten und Nordosten je zwei dreieckige Chidorihafu (dreieckige Giebel), auf der zweiten Ebene gibt es auf denselben Seiten einen Karahafu und an den beiden anderen Seiten im Südosten und Nordwesten je einen großen Chidorihafu, und auf der obersten Ebene gibt es beim dritten Dach vom Irimoya-Typ die beiden typischen Dreiecksgiebel als Abschluß im Südwesten und Nordosten. Zwei kupferne Shachi schmücken die Firstenden. Auch die anderen drei Türme haben ihre Firstrichtung von Südwesten nach Nordosten ausgerichtet, genau wie der Hauptturm.


Rundgang und Beschreibung: Ein Blick auf die Mauern
Das Ishigaki-Mauerwerk der verschiedenen Wälle ist je nach Bauzeit unterschiedlich. Man findet sowohl Nozura-zumi (rohe, völlig naturbelassene Steine, viele mittlere und kleinere Füllsteine, völlig unregelmäßige Linienführung, meist 45° Böschungswinkel als ältesten Typ, der ersten Bauphase unter Hashiba Hidenaga zuzurechnen, als auch das spätere Uchikomi-hagi (teilweise zurechtgehauene Steine, etliche kleinere Füllsteine, Tendenz zu mehr oder weniger horizontalen Linien im Verbund, Böschungswinkel meist ca. 50°, das oberste Fünftel senkrecht) als auch das aufwendigere Kirikomi-hagi (gut geschnittene Steine in relativ geordneter, zyklopisch wirkender Reihen-Schichtung mit gar keinen kleinen Füllsteinen, größtenteils geordnete Horizontallinien, maximaler seitlicher Kontakt der Steinblöcke, Böschungswinkel meist ca. 80° oder noch steiler) für die besonders sorgfältig gebauten Toranlagen, die höchster Belastung standhalten mußten und auf keinen Fall eine Gelegenheit zum Hochklettern bieten sollten. Diese besseren Techniken sind der Zeit unter der Familien Asano und Toklugawa zuzurechnen. Interessant ist, daß es am Mauerwerk jede Menge (über 2000) von Markierungen (Kokuin) der Steinmetze gibt, insbesondere an den südwestlichen Außenwällen des Honmaru und im Bereich des Okaguchi-mon. Mit diesen Markierungen wurde angegeben, welcher Daimyo oder kontributionspflichtige Vasall diese Steine oder diesen Mauerabschnitt jeweils zum Bau der Burg beigetragen hat. Es gibt auch witzige Details, so kann man an einer Kante der Kernburg am Inuiyagura ziemlich weit unten unter dem linken Wurferker eine eingemauerte Basis einer Steinlaterne aus einem Tempel oder Schrein erkennen, offensichtlich mußte es schnell gehen, und man nahm an Steinen, was man fand. Der Großteil der verwendeten Steine ist aus Ao-ishi, blaugrün-grauem metamorphem Schiefergestein, wie es in Kishuu natürlich vorkommt. Dieses Material ist typisch für die ältesten Mauern aus der Hashiba-Zeit. Das spätere Mauerwerk verwendet Sandstein, und das beste und jüngste Mauerwerk mit paßgenau zugeschnittenen Steinen besteht aus porphyritischem Granit, der in der Gegend von Kumano gewonnen wurde.


Literatur, Links und Quellen
Lokalisierung auf Google maps: https://www.google.de/maps/@34.2278992,135.1721548,17.58z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@34.227977,135.1720942,453m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Webseite der Burg Wakayama:
http://wakayamajo.jp/index.html - Burg: http://wakayamajo.jp/pdf/pamphlet/castle/eng-p2023.pdf - Teehäuser: http://wakayamajo.jp/pdf/pamphlet/oka.pdf - Burg: http://wakayamajo.jp/pdf/pamphlet/castle/eng.pdf - Nishinomaru-teien: http://wakayamajo.jp/pdf/pamphlet/nisimaru.pdf - alles Downloadmaterial: http://wakayamajo.jp/riyou/pamphlet.html
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https://en.wikipedia.org/wiki/Asano_Yoshinaga
Asano Nagaakira:
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https://en.wikipedia.org/wiki/Gosanke - https://de.wikipedia.org/wiki/Gosanke
Kishuu-Tokugawa:
https://de.wikipedia.org/wiki/Tokugawa_(Kish%C5%AB)
Genealogie:
https://reichsarchiv.jp/%E5%......C%89#yorinobusn
Toyotomi Hidenaga:
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Stephen Turnbull, Peter E. Davies: Japanese Castles AD 1540-1640, Osprey Publishing 2003, ASIN: B00QNZV75S, S. 35, 62, Abb. S. 28
Jennifer Mitchelhill, David Green: Samurai Castles - History / Architecture / Visitors Guides, 128 S., Verlag: Tuttle Pub. 2018, ISBN-10: 4805313870, ISBN-13: 978-4805313879, S. 112-113
Stephen Turnbull: Strongholds of the Samurai: Japanese Castles 250-1877, 272 S., Verlag: Osprey Publishing 2009, ISBN-10: 1846034132, ISBN-13: 978-1846034138
Toshitaka Morita, Takahiro Miyamoto: Castles in Japan (Landscapes of the Japanese Heart), 304 S., Verlag: Mitsumura Suiko Shoin, 2018, ISBN-10: 4838105606, ISBN-13: 978-4838105601, S. 36-39
Masao Yamada: The Anatomy of Castles in Japan, revealed by an Urban Design Expert, jap. und engl., Nitto Shoin Honsha Co. Ltd., Japan 2017, 288 S., ISBN: 4-528-02011-4, intl. 978-4-528-02011-5, S. 163
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https://zekkeijapan.com/spot/index/1284/
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Burg Wakayama auf Visit Wakayama:
https://en.visitwakayama.jp/venues/venue_8/
Burg Wakayama auf My Secret Wakayama:
https://www.mysecretwakayama.com/introduce/8/ - https://www.mysecretwakayama.com/introduce/10/
Burg Wakayama auf Japan Experience:
https://www.japan-experience.com/all-about-japan/wakayama/attractions-excursions/wakayama-castle


Wakayama-jo, Teil (2): Photos östliche und südliche Außenbereiche - Wakayama-jo, Teil (3): Photos westliche und nördliche Außenbereiche - Wakayama-jo, Teil (4): Photos zentrale Bereiche mit Honmaru

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