Bernhard Peter
Imabari (Präf. Ehime), Burg Imabari-jo, Beschreibung und Grundrisse


Lage und Erreichbarkeit, Touristisches
Burg Imabari (Imabari-jou) liegt in der gleichnamigen Stadt in der Präfektur Ehime an der Nordküste der Insel Shikoku an der Seto-Inlandsee, gegenüber der Mitte zwischen Fukuyama und Hiroshima, wo ein dichte Inselgruppe den Spalt zwischen Hauptinsel und Shikoku füllt, und wo seit 1999 die 1975 begonnene und 60 km lange Nishiseto-Autobahn Onomichi in der Präfektur Hiroshima und Shikoku über insgesamt 10 Brückenkonstruktionen miteinander verbindet, von denen die größte mit 1480 m Länge und 220 m hohen Pylonen die Tatara-Ohashi ist. Imabari ist Bahnstation von JR, wer mit der Eisenbahn anreist, kommt aber über die andere Brücke, die Seto-Ohashi. Wenn man aus Richtung Osaka oder Kyoto anreist, hat man schnelle Shinkansen-Verbindungen bis Okayama, von dort nimmt man die Yosan Line. Eine beispielhafte und zügige Verbindung wäre ab Kyoto 7:20 Uhr mit dem Hikari nach Okayama, 8 Minuten Umsteigezeit (wir sind ja nicht in Deutschland, in Japan klappt das locker), dann 2 Stunden mit dem Ltd. Express Shokaze ab 8:32 nach Imabari, Ankunft 10:41 Uhr, Gesamtzeit 3 Stunden 21 Minuten. Wer um 8:00 in Kyoto startet, kommt um 11:35 Uhr an. Das ist also als Tagestour machbar. Vom Bahnhof Imabari ist es ziemlich genau 1 km bis zum Wassergraben der Burg, man müßte eigentlich nur gerade ostwärts gehen. Das Straßenraster der Stadt ist aber um 45 Grad schräg gegenüber diesem Vorzugsweg versetzt, deshalb muß man sich im Zickzack durch die Stadt bewegen und kommt auf eine reale Wegstrecke von 1,4-1,5 km bis zum Wassergraben der auf Meereshöhe liegenden Burg. Es gibt zwar einen Bus (ab Bahnhof bzw. Imabari Eki mae, Ziel: Imabari Eigyosho, Ausstieg: Imabari-jo mae, alle 8-10 min.), doch eine Zeitersparnis ist das nicht wirklich.

Der Eintritt zum Gelände ist frei, ebenso kann der Honmaru mit den Shinto-Schreinen frei besucht werden. Das Museum im Hauptturm kostet 500 Yen Eintritt; mit dem Ticket kommt man auch in die drei Türme Okane yagura, Yamazato yagura und Bugu yagura; es wird sukzessive abgestempelt. Abends wird die Burg illuminiert, das ist besonders sehenswert in der Dämmerung (Blaue Stunde) mit der Spiegelung im Wassergraben. Auf dem Burggelände gibt es insgesamt ca. 60 Somei-yoshino-sakura (Kirschbäume), die es im April zu einem beliebten Ort zum Genießen der Kirschblüte machen.


Geschichte und Bedeutung
Imabari (Imabari-han) war zuerst 1600-1608 ein Lehen von Todo Takatora (Toudou Takatora, 16.2.1556-9.11.1630), der die Burg erbauen ließ. Er war der einzige Vertreter der Familie Todo (Toudou), der die Burg Imabari besaß. Todo Takatora kämpfte sich aus einfachen Ashigaru-Verhältnissen hoch (er war also einfacher Fußsoldat), indem er immer auf die Gewinnerseite wechselte. Erst kämpfte er in der Armee der Familie Azai. Nachdem diese von Toyotomi Hideyoshi und Oda Nobunaga vernichtet worden war und die letzten männlichen Mitglieder in auswegloser Lage Seppuku begangen hatten, wechselte Todo Takatora in die Dienste der Familie Oda. Nach der Ermordung von Oda Nobunaga bei der Erstürmung des Honno-ji wechselte Todo Takatora in die Dienste der Familie Toyotomi, zunächst unter Hashiba Hidenaga, dem jüngeren Bruder von Hideyoshi. Seine Spezialitäten waren die Anlage von Burgen und als Wehrarchitektur-Spezialist auch deren Belagerung, und diese Kenntnisse ließen ihn aufsteigen. Bei der Invasion Koreas war er Flottenkommandant. 1595 bekam der aus einer verarmten Samurai-Familie aus der Provinz Omi stammende Kommandant ein erstes Lehen zugewiesen, Uwajima in der Provinz Iyo, das damals 70000 Koku einbrachte. Dort ordnete er als erstes den Wiederaufbau der verfallenen Burg Marugushi an. Nach dem Tod seines Dienstherrn Toyotomi Hideyoshi 1598 wechselte er zu Tokugawa Ieyasu und stand wieder einmal rechtzeitig auf der richtigen Seite. Dennoch wurde er zu den Tozama-Daimyo gezählt, obwohl er 2 Jahre vor Sekigahara auf die Tokugawa-Seite gewechselt war und in Sekigahara für Ieyasu und gegen Otani Yoshitsugu (1559-1600) mitgefochten hat.

Nach dem Krieg bekam er im Jahre 1600 das Lehen Imabari, das mit großzügigen 200000 Koku dotiert war. In Imabari blieb er bis 1608 Daimyo, dann wechselte er in das noch ertragreichere Lehen Tsu mit 220000 bis 323000 Koku Einkommen (Provinz Iga und einige angrenzende Gebiete in Ise), wo seine Nachkommen bis zur Abschaffung des Feudalstaates 1871 regierten. Vom einstigen Lehen Imabari behielt er nur einen kleinen Teil zurück. Auf dem Gelände der Burg steht seit 2007 seine Bronzestatue hoch zu Roß im großen Hofbereich, im Nordwesten der großen, freien Zentralfläche, auf einem hohen Steinsockel in einer gestreckt sechseckigen Fläche nach Osten gerichtet, im Westen viertelkreisförmig von Bäumen umgeben. Todo Takatora errichtete etliche Burgen, neben Imabari waren das Wakayama, Uwajima, Iga Ueno, Kameyama, Ozu, Zeze, Fushimi, Sasayama und sogar Edo, die meisten für seine Dienst- und Lehnsherren, wenige für sich selbst. Er wird als der größte Burgenbauer Japans betrachtet.

Die Burg des Lehens war eigentlich Burg Kofuku auf dem Berg Karako. Doch die gefiel dem neuen Herrn nicht, sie war vor allem verteidigungstechnisch nicht auf der Höhe der Zeit. In einen Neubau, diesmal für ihn selber, konnte der Bauherr auch sein ganzes Wissen über den modernen Burgenbau einfließen lassen. Die ebene Stelle erlaubte ihm die Konzeption einer Idealanlage. Und von dort aus ließ sich das Territorium besser kontrollieren, außerdem der Schiffsverkehr, der Warentransport und die sonstigen Bewegungen auf der Seto-Inlandsee. Das Meer konnte in die Befestigung einbezogen werden, und man hatte Anschluß an die See- und Handelswege über die Seto-Inlandsee. Das folgte einem allgemeinen Trend jener Zeit: Man gab kleine, schwer zugängliche Burgen auf zugunsten neuer, siedlungsnaher und größerer Anlagen. Die extrem breiten Wassergräben waren seine Antwort auf die zunehmende Rolle von Feuerwaffen. Der Wasserstand in den Gräben konnte mit Stauteilen reguliert werden. Die neue Burg in strategisch guter Lage wurde sehr schnell erbaut: 1602 wurde mit der Anlage begonnen, 1603 wurden die äußeren Wälle und Gräben mit dem Samurai-Viertel angelegt, und schon 1604 war die Anlage vollendet. Nur vier Jahre blieb der Erbauer Feudalherr auf seiner Burg, dann ging er in sein neues Lehen. Diverses Baumaterial aus der Burg Imabari verwendete er in seiner neuen Burg Iga Ueno. Vor Ort in Imabari, auf dem kleinen Teil des einstigen Lehens, das er behielt, blieb sein Adoptivsohn Todo Takayoshi mit erheblich reduzierten Einkommen (ca. nur ein Zehntel) zurück.

Nach 1608 fiel der größte Teil des unbesetzten Lehens Imabari nämlich an den Shogun, Tokugawa Ieyasu, und gehörte zu der Tenryo (Tenryou) genannten Güterverwaltung. Obwohl der Ausdruck Tenryo eigentlich "Grundbesitz des Kaisers = Tenno" bedeutet, was zum Ausdruck brachte, daß der Shogun das Land für den Kaiser verwaltete, flossen die Einnahmen einfach in die Staatskasse zu Händen des Shoguns. Größere unvergebene Lehen wurden vom Gundai verwaltet, kleinere vom Daikan. Neben dem Eigenbesitz des Shoguns war das vor allem der Zuerwerb durch die Schlacht von Sekigahara und durch den Sieg über die Familie Toyotomi durch die Belagerung von Osaka. Von diesem Land konnte er Lehen vergeben, und erledigte Lehen wie Imabari fielen wieder heim an ihn. Imabari verblieb dort 27 Jahre und wurde erst 1635 neu vergeben.

Der Hauptturm der Burg, dessen Größe und Aussehen nicht überliefert ist, wurde nach einer Quelle kurz nach dem Wechsel von Todo Takatora in sein neues Lehen abgebaut und 1610 in die 1577 von Akechi Mitsuhide erbaute Burg Kameyama in der Provinz Tanba, in der heutigen Stadt Kameoka, versetzt, wo er bis zu deren Zerstörung in der Meiji-Zeit stand und den nordwestlichen Zugang zur Hauptstadt bewachte. Photos aus dem Jahr 1872 zeigen Kameyama noch mit einem fünfstöckigen Tenshukaku. Ob das noch derjenige war, der erst nach Iga Ueno sollte und statt dessen im Jahre 1610 als Geschenk an Tokugawa Ieyasu nach Kameyama verbracht wurde, ob dieser umgebaut wurde oder später ersetzt, ist unklar (s. u.). Das heißt, die Burg Imabari hat ihren rekonstruierten Hauptturm jetzt schon mehr als zehnmal länger als sie je den echten besaß. Der Hauptturm war vermutlich der erste vom Schichttyp.

Die Neuvergabe des Lehens Imabari erfolgte 1635 an Matsudaira Sadafusa, der zuvor auf Nagashima als Daimyo residiert hatte. Er war ein Neffe von Tokugawa Ieyasu. Todo Takayoshi ging nach Nabari. Die Familie Hisamatsu-Matsudaira hatte das Lehen Imabari bis zur Abschaffung des Feudalstaates 1871 inne, wobei sie allerdings 1868 den Namen in Sugawara ändern mußte. Das neu vergebene Lehen war im Vergleich zu vorher mit nur 30000 Koku schwach dotiert; das änderte sich auf 40000 und dann auf 35000 Koku. Auf Matsudaira Sadafusa folgten Sadatoki, Sadanobu, Sadamoto, Sadasato, Sadayasu, Sadayoshi, Sadashige, Katsutsune und schließlich zuletzt Matsudaira Sadanori. Die Matsudaira wurden aufgrund ihrer nahen Verwandtschaft zu den Shinpan-Daimyo gezählt, zu den zuverlässigsten Vasallen des Tokugawa-Shogunats. Tokugawa Ieyasu wurde nämlich als Matsudaira Takechiyo geboren und änderte 1566 seinen Namen und reklamierte für sich die Abstammung von den Minamoto. Die Hisamatsu-Matsudaira leiten sich von drei Halbbrüdern des Tokugawa Ieyasu ab. In der Präfektur Ehime gehörte ihnen auch Burg Matsuyama.

Nach 1868 wurde die über 260 Jahre alte riesige Burg aufgegeben. In der Meiji-Zeit wurden die noch vorhandenen Aufbauten der Burg gemäß der staatlichen Anordnung größtenteils zerstört. Nur der Turm an der Nordecke des Ninomaru blieb übrig, doch er wurde Opfer eines Brandes im Jahr 1871, und das hier gelagerte Schießpulver ging in die Luft und zerstörte den letzten noch stehenden Turm der Burg, den Sumi-no-bugu-yagura. Der Grund und Boden der Burginsel wurde an einen örtlichen Shinto-Schrein verkauft. Deshalb entstanden im innersten Bereich mehrere Shinto-Schreine, alle sind Meiji-zeitlich und später. Die Wälle und Gräben der Burginsel sind alle noch original früh Edo-zeitlich erhalten, von den Aufbauten ist hingegen nichts mehr original.

In der zweiten Hälfte des 20. Jh. wurden die Aufbauten der Burg Imabari zum großen Teil von der Stadt rekonstruiert, allerdings nur der äußeren Form nach, nicht der Konstruktion nach. Begonnen wurde 1980 mit dem Hauptturm. Statt Holzbalken trägt der Stahlbeton. Bei den neueren Rekonstruktionen wurde hingegen auf traditionelle Materialien zurückgegriffen. Insgesamt wurden bis 2007 der Hauptturm mit angrenzenden Nebengebäuden, drei Toranlagen, drei Ecktürme und mehrere an diese angrenzende, dem Wall aufliegende Bauten vom Typ Tamon yagura wiederhergestellt. Die Räume werden als Museum genutzt. Am 6.4.2006 wurde Imabari durch die Wahl als eine der 100 besten Burgen Japans ausgezeichnet.


Rundgang und Beschreibung: Aufbau der Burg und Grabensystem
Imabari ist eine Wasserburg, und innerhalb dieser Kategorie eine Meeresburg. Die kürzeste Verbindung vom Hauptturm zum Meer in Form des Yachthafens beträgt 185 m in nördlicher Richtung. Bis zum Rand der Inlandsee sind es 600 m in nordöstlicher Richtung. Burg Imabari gehörte zu den drei reinen Wasserburgen am Meer, den Nihon san-dai-umi-jiro (Nihon = Japan, san = drei, dai = groß, umi-jiro = Meeresburg). Die beiden anderen dieser Gruppe sind die Burgen Takamatsu (ebenfalls auf Shikoku, Präfektur Kagawa) und Nakatsu (Präfektur Oita, Kyushu). Mit dem Begriff Umi-jiro bezeichnet man eine Burg, deren Wassergräben vom Meer gespeist werden, im Gegensatz zum allgemeineren, übergeordneten Begriff Uki-shiro oder Uki-jiro = wörtlich: schwimmende Burg, oder auch Mizu-jiro = Wasserburg, benutzt für Burgen mit sehr breiten Wassergräben oder in Insellage. Früher war es sogar möglich, daß Kriegsschiffe an der Burg im zweitinnersten Bereich anlegen konnten.

Die Anlage war früher viel größer und bestand aus drei Wassergräben, die alle vom Meer gespeist wurden. Heute ist nur noch die innere Burginsel mit dem  Honmaru- und Ninomaru-Bereich und mit dem inneren Wassergraben (Uchibori) übrig geblieben. Der innere Burgbereich bildet eine rechteckige Insel, aus der eine Ecke im Westen ausgeschnitten ist. Zwei Dämme führen auf die Insel, ein befahrbarer Damm im Nordwesten und ein schmälerer Damm im Westen. Sie teilen den Uchibori in einen nördlichen und einen südlichen Teil. Der L-förmige nördliche Abschnitt des Wassergrabens ist 225 m lang am längeren Schenkel und 91 m am kürzeren Schenkel. Seine Breite beträgt 50 m entlang der Nordwestseite des Honmaru und bis zu 72 m an der Stelle des Nordost-Dammes. Der südliche Abschnitt des Wassergrabens umgibt den Honmaru mit vier rechtwinklig zueinander stehenden Abschnitten; die Außenlängen betragen im Uhrzeigersinn 160 m, 295 m, 205 m und 105 m. Seine Breite beträgt im Nordosten ca. 57 m, im Südosten ca. 52 m und im Südwesten 54-57 m je nach Stelle. Am schmalsten ist der Wassergraben an der Stelle des westlichen Dammes, dieser überspannt nur eine Entfernung von 25 m.

Ein paar Zugeständnisse an die Neuzeit wurden bei der Restaurierung der Anlage in der zweiten Hälfte des 20. Jh. gemacht: Durch die Erweiterung der Hauptstraße wurde ein Teil des Wassergrabens wieder als Land zurückgewonnen. Die Holzbrücke im Westen wurde durch einen Steindamm ersetzt. Der Damm im Norden wurde verbreitert, auch hier fiel die früher übliche, leicht zu entfernende Holzbrücke über dem letzten Abschnitt weg. Da diese Passage für Fahrzeuge benutzbar sein mußte, sind einige Mauerhöhen nicht ganz genau original, sondern der machbaren Steigung der Straße und der notwendigen Durchfahrtshöhe angepaßt.

Der zweite Graben bildete früher ein Rechteck, das den inneren Graben auf drei Seiten im Nordwesten, Südwesten und Südosten umschloß und den zweitäußersten Bereich bildete, und der dritte Wassergraben (Sotobori) ganz außen bildete landseitig eine dritte Barriere und umschloß den äußersten Bering. Dieser Wassergraben hatte durch einen Stichkanal eine Anbindung ans offene Meer. Auch heute noch gibt es diese Anbindung im Nordwesten durch einen teilweise verdeckt laufenden Kanal; das Wasser im Graben ist salzig, und der Tidenhub der Gezeiten macht sich bemerkbar. Diese Verbindung besteht durch einen Kanal, der von der Nordecke des Grabens in nordwestlicher Richtung zum Meer führt. Die beiden äußeren Gräben umschlossen die Burgstadt mit den Samurai-Residenzen. Insgesamt folgte Burg Imabari also dem Typus Rinkakushiki. Insgesamt besaß Burg Imabari nach Fertigstellung 9 Burgtore und 20 Türme. Es gab also eine übergeordnete Dreiteilung in drei jeweils durch einen Wassergraben abgeschottete Bereiche, und innerhalb des innersten Bereiches auf der Burginsel gab es eine weitere Dreiteilung.


Rundgang und Beschreibung: Ninomaru
Die zentrale Burginsel ist in drei unterschiedliche Bereiche eingeteilt, die sich vor allem durch das Höhenniveau des Bodens unterscheiden lassen. Wer von Westen über den dortigen Damm kommt, gelangt durch ein Tor vom Typ eines Korai-mon auf ein niedriges, wassernahes Vorfeld von 53 m Breite und 15 m Tiefe, das an der südlichen Schmalseite noch eine wasserseitige Treppe für dort anlegende Boote besitzt. Man kann von diesem Vorfeld nirgendwo sonst hin als über eine gewaltige, 19 m lange Treppe zum hochgelegenen Torbau hochsteigen, der Zugang zum Bereich innerhalb der steinverkleideten Wälle gibt, zum Ninomaru.

Der zweite Zugang führt von Nordosten auf die Burginsel. Der Damm mündet in einer Masugata-Situation: Früher war das Tor zweistufig aufgebaut: Wer den Ninomaru über den Damm und die Brücke erreichte, stand zuerst vor einem leichten Tor des Typs Korai-mon. Dahinter knickt der Torweg rechtwinklig ab, und dort stand, geschützt durch die Wälle, das eigentlich starke Tor, das Kurogane-go-mon (alternative Lesung: Tetsu-go-mon), das Eisentor, so genannt nach den eisernen Beschlägen der hölzernen Konstruktion. Dieses Tor wurde 2007 rekonstruiert, und dafür wurden traditionelle Materialien verwendet. Die Räume im Obergeschoß können besichtigt werden und sind ganz klassisch in Holz gebaut, viel Kiefer und Zypressen für die tragenden Pfosten. Für die eisenbeschlagenen Torflügel wurde Zelkovenholz verwendet. Die Wälle bilden einen rechteckigen Zwinger, in dem der Eindringling von zwei Wällen und vom Obergeschoß des Kurogane-go-mon aus beschossen werden kann. Das leichte Korai-mon ist kein wahres Hindernis, es dient nur dazu, daß nicht zu viele Angreifer auf einmal ankommen. Das wahre Hindernis ist der darauffolgende viereckige Kessel, aus dem es weder ein Entrinnen noch ein Fortkommen gab.

Egal, von welchem Eingang aus man ins Innere des Ninomaru gelangt, man findet sich im größeren, rechteckigen Bereich von ca. 130 m auf 60 m innerhalb der Wälle wieder, von dem noch einmal der innerste Bereich, der Honmaru mit dem Hauptturm abgetrennt ist. Der große Bereich ist heute weitgehend leer von Einbauten und ist als Park mit Bäumen und etlichen Steinmonumenten gestaltet (Fukiage-Park, Fukiage kou-en). Früher war auch der große Bereich des Ninomaru noch einmal quer unterteilt: Wer in den Hauptturm wollte, mußte erst eine der beiden Toranlagen in den Ninomaru hinein passieren, dann das interne Tor zwischen den beiden Bereichen des Ninomaru in eine Art zweiter Masugata hinein, und dann das Tor zum höher gelegenen Honmaru. Deshalb wird in manchen Quellen der nördliche Teil auch Sannomaru genannt und nur der südliche Teil Ninomaru; eine Unterteilung, die heute keinen Sinn mehr macht, weil es eine große gemeinsame Fläche ist. Es ist insofern verwirrend, weil man einerseits diese Bezeichnungen für die großen, durch Wassergräben voneinander getrennten Bereiche verwendet, andererseits für die unterschiedlichen Bereiche auf der Hauptinsel. Auf historischen Skizzen werden jedenfalls die Begriffe Honmaru, Ninomaru und Sannomaru zur Unterscheidung der drei Bereiche auf der Burginsel verwendet.

Die Wälle ringsum sind erhalten. Die historischen Treppen liegen paarweise in kleinen Einschnitten gegenüber. Davon gibt es insgesamt fünf, zwei an der Nordostseite des Ninomaru, zwei an der Nordostseite und einer an der der kurzen Südwestseitenhälfte, die nach außen weist. Trittsichere moderne Treppenkonstruktionen führen heute den Besucher an zwei Stellen auf die Wallkrone des Ninomaru, einmal im Nordwesten, einmal im Osten. Die Wälle trugen früher zwei Arten von Aufbauten, einerseits zweistöckige Türme an den Ecken (Ni-juu-yagura, Sumi-yagura), andererseits entlang der Wallkrone angrenzende einstöckige Galeriebauten (Tamon-yagura). Drei der Ecktürme des Ninomaru sind rekonstruiert worden, der im Norden des großen Hofes direkt neben dem Kurogane-go-mon, der im Westen neben dem zweiten Tor und der im Osten. Im Südbereich gibt es noch Plattformen (Yagura-dai) für zwei weitere Ecktürme und einen Flankenturm in der Mitte der Südostseite, diese drei Sumi-Yagura an den Ecken des Honmaru wurden noch nicht rekonstruiert. Die drei aufgebauten Türme des Ninomaru heißen Bugu-yagura (Sumi-no-bugu-yagura, neben dem Kurogane-go-mon, 1871 abgebrannt, 2007 rekonstruiert), Yamazato-yagura (an der Westecke neben dem dortigen Yagura-mon, 1990 rekonstruiert) und Okane-yagura an der Ostecke (1985 nach Photos rekonstruiert). Innen befinden sich Ausstellungen zur Geschichte der Burg, ein Antiquitätenmuseum respektive ein Museum für örtliche Kunst. Die insgesamt fünf Tamon-yagura rings um das Kurogane-go-mon wurden ebenfalls 2007 nach alten Dokumentationen rekonstruiert, allesamt tadellos auf traditionelle Weise gebaut, die anderen jeweils zusammen mit ihren im Winkel stehenden Ecktürmen. Ein Tribut an die Neuzeit ist der Block mit sanitären Anlagen an der Nordwestseite des Ninomaru. Ein weiterer solcher Block steht auf dem Parkplatz jenseits des Nordostzugangs.


Rundgang und Beschreibung: Aufbau der Burg: Honmaru und Tenshukaku
Der fast quadratische innerste Bereich, der Honmaru, mißt ca. 63 m x 69 m innerhalb der Wälle. Er liegt noch einmal ein paar Meter höher als der große Hof des Ninomaru. Zwei Eingänge führen hinauf, zum einen ein Tor vom Typ Yagura-mon parallel zum Hauptturm, mit einer großen Steigung rechtwinklig zum Durchgang, und einmal ein Meiji-zeitliches Tor mit Satteldach am Ende einer großen Treppe in der Mitte der Abtrennung. Am Anfang der Treppe geht man durch ein Torii hindurch. Weil der Bereich insgesamt höher liegt, ist der Abstand zur Wallkrone geringer, und deshalb gibt es hier keine Treppensysteme den Wall hoch wie im Ninomaru. Eine einzige Treppe gleicht den Höhenunterschied an der Grenze zwischen Ninomaru und Honmaru in der Mitte der Südwestseite aus.

Der fünfstöckige Tenshukaku im Eck zwischen Honmaru und Ninomaru und zugleich im eingeschnittenen Winkel der Burginsel gelegen, ist ein Wiederaufbau aus dem Jahre 1980. Nur äußerlich sieht er wie ein Hauptturm einer japanischen Burg aus, innen besteht er aus Beton, und auch die innere Geschoßaufteilung hat nichts mit einer authentischen Aufteilung zu tun. Der Tenshukaku wird als Museum genutzt mit Ausstellungen von ca. 25 Rüstungen und vielen Waffen, eine der besseren Sammlungen, die den Eintritt lohnt, mit mehr Exponaten als man üblicherweise in Burgmuseen zu sehen bekommt. Auch das Naturkundemuseum der Stadt ist hier untergebracht. Ganz oben befindet sich eine Aussichtsplattform mit gutem Blick auf Höfe der Burg, die moderne Stadt und das nahe Meer.

Bereits eingangs wurde darauf verwiesen, daß der Tenshukaku vermutlich nach wenigen Jahren abgebaut und in der Burg Kameyama zweitverwendet wurde. Vieles zur Geschichte des Tenshukaku steht auf unsicheren Füßen: Man weiß nicht, wie der ursprüngliche Hauptturm ausgesehen hat, man weiß nicht einmal sicher, daß es ihn je gab, weil keine Überreste eines solchen Turmes vor Ort bestätigt werden konnten. Einerseits spricht eine Dokumentation der Genealogie der Familie Todo von einem fünfstöckigen hohen Turm im Schloß, andererseits wurde aufgrund des Befundes eine Existenz bestritten. Wenn es ihn gab, stand er hier maximal 6 Jahre, ehe er wieder abgebaut und in eine andere Burg gebracht wurde. Historische Grundrisse und Zeichnungen zeigen jedoch einen Turm genau an dieser Stelle, der aber kleiner wirkt als ein fünfstöckiger Hauptturm. Es wird vermutet, daß an dieser Stelle des Hauptturmes die ganze Edo-Zeit hindurch ein kleinerer Turm stand, der den abgebauten Burghauptturm ersetzte. Im Gegensatz zu den Toren, den Sumi-yagura und den Tamon-yagura, deren Aussehen durch Zeichnungen und Photos belegt ist, gibt es diese historischen Belege für den Hauptturm nicht. Er kann daher nicht als eine faktenorientierte Rekonstruktion, sondern eher als eine freie Simulation bezeichnet werden, wie er ausgesehen haben könnte. Reihum wurde der Honmaru früher von drei zweistöckigen Sumi-yagura beschützt, zwischen denen sich einstöckige Tamon-yagura erstreckten.


Rundgang und Beschreibung: Aufbau der Burg: Die Schreine im Honmaru
Der größte Teil dieses innersten Gevierts wird heute von Shinto-Schreinen mit grünen Kupferdächern eingenommen. In der Zentralachse steht der Fukiage-Schrein (Fukiage jinja); es ist der größte Schrein von allen. In diesem wird die Sonnengöttin Amaterasu Okami verehrt. Wenn man von dem großen Tor am Ende der Treppe direkt auf ihn zugeht, steht linkerhand das rituelle Waschbecken (Temizuya, Chozusha). Dahinter führt der Weg durch ein Steinlaternenpaar hindurch zum Eingang in den inneren Hof. Als Besucher kommt man bis hierhin, wo man vor dem Haiden seine Bitte entrichten kann, aber nicht weiter. Im Osteck steht der Sumiyoshi jinja, mit einem Ema-Ständer rechts davor. Im Südeck steht ein dritter Schrein, zu dem ein Tunnel aus dicht an dicht gestellten, zinnoberrot gestrichenen Torii hinführt. Das ist der Fukiage Inari-Schrein; typisch die Füchse (Kitsune) beiderseits vor dem Haiden, die als Götterboten fungieren. Im Norden steht der Doi jinja direkt vor dem Galeriebau auf dem Wall. Dieser Schrein stand früher woanders und wurde 1902 an diesen Standort versetzt. Und im Westeck befindet sich noch der Adaka jinja oder Weihrauch-Schrein, zu dem nach dem Torii eine Allee aus Steinlaternenpaaren führt. Das ist ein alter Schrein aus dem Bezirk Shinmeigu der alten Siedlung Imabari, der im 5. Jahr der Meiji-Regierung hierhin verlegt wurde. Das Schreinbüro (Shamusho) befindet sich nach Verlassen des Schreinbereiches über die große Treppe linkerhand etwa gegenüber der Bronzestatue des Burg-Erbauers; dort sind Goshuin erhältlich.


Literatur, Links und Quellen
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/dir///@34.06372,133.0071014,18.25z - https://www.google.de/maps/dir///@34.0635031,133.0069379,217m/data=!3m1!1e3
Burg Imabari auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Imabari - https://en.wikipedia.org/wiki/Imabari_Castle - https://ja.wikipedia.org/wiki/%E4%BB%8A%E6%B2%BB%E5%9F%8E
Todo Takatora:
https://de.wikipedia.org/wiki/T%C5%8Dd%C5%8D_Takatora - https://en.wikipedia.org/wiki/T%C5%8Dd%C5%8D_Takatora
Lehen Imabari:
https://en.wikipedia.org/wiki/Imabari_Domain
Matsudaira:
https://de.wikipedia.org/wiki/Matsudaira_(Hisamatsu)
Burg Imabari auf Japanese Castle Explorer:
http://www.japanese-castle-explorer.com/castle_profile.html?name=Imabari
Burg Imabari auf Japan Visitor:
https://www.japanvisitor.com/japan-city-guides/japanese-castles/imabari-castle
Burg Imabari auf JCastle: http://www.jcastle.info/view/Imabari_Castle
Burg Imabari auf Shikoku Tours:
https://www.shikokutours.com/attractions/Ehime-Prefecture/points-of-interest/imabari-castle
Burg Imabari auf Japan-Castle:
https://japan-castle.com/103-Imabari-Castle.html
Burg Imabari auf Japancastle:
http://www.japancastle.jp/search?q=imabari+castle
Burg Imabari auf Japan Hoppers:
https://www.japanhoppers.com/en/shikoku/imabari_simanamikaido/kanko/2727/
Burg Imabari auf Zooming Japan:
https://zoomingjapan.com/travel/imabari-castle/
Burg Imabari auf Japan Travel:
https://en.japantravel.com/ehime/imabari-castle-a-castle-in-the-sea/354
Imabari-Style, Pdf-Broschüre der Stadt:
https://www.city.imabari.ehime.jp/eigyou-s/imabaribrand/imabaristyle_english3.pdf, analog 2, 4, 5
Burg Imabari auf den Seiten der Stadt:
https://www.city.imabari.ehime.jp/museum/imabarijo/
Fukiage-Schrein:
http://fukiageshrine.jp/ - Plan des Geländes: https://fukiageshrine.jp/guide
Masao Yamada: The Anatomy of Castles in Japan, revealed by an Urban Design Expert, jap. und engl., Nitto Shoin Honsha Co. Ltd., Japan 2017, 288 S., ISBN: 4-528-02011-4, intl. 978-4-528-02011-5, S. 239


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